Dienstag, 28. Oktober 2014

wenn der selbständige Bulgare doch selbständig ist, weil er Insolvenzgeld will

Manchmal geht es ganz anders. Wenn der Subunternehmer meint, kein Subunternehmer zu sein und klagt, dass er keiner ist. Und Insolvenzgeld möchte. 

Vor dem bayerischen LSG hatte der vermeintliche Subunternhemer sein Glück mit Insolvenzgeld versucht. Ein Arbeitsverhältnis konnte er - trotz Urteils des Arbeitsgericht - nicht nachweisen. Für weitere Prüfung ergaben sich keine Anhaltspunkte.
Soweit sich kein Nachweis über den Abschluss eines Arbeitsvertrages sondern allenfalls einer über den Abschluss eines Werkvertrages erbringen lässt, die vertragliche Gestaltung aber als unerheblich anzusehen wäre, weil die maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse hiervon abweichen, führte dies zu keiner anderen Betrachtungsweise. Rechtlich relevant sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse, die im Einzelfall bei wertender Betrachtung die Qualifizierung einer Tätigkeit als abhängige Beschäftigung erlauben. Der Kläger hat aber nichts vorgetragen, was eine zweifelsfreie Qualifizierung der von ihm im Zeitraum vom 15.06.2011 bis 22.07.2011(tatsächlich) ausgeübten Tätigkeit als abhängige Beschäftigung zuließe. Er hat lediglich dargelegt, er sei nach Stunden bezahlt worden, er habe die täglich vorgegebenen Arbeitszeiten einhalten müssen und er habe in Bezug auf die Ausführung der Bauleistung, die Werkzeuge sowie die Materialien den Weisungen des B. unterlegen. Diese Umstände - als wahr unterstellt - sind allein jedoch nicht geeignet zweifelsfrei einen Arbeitnehmerstatus des Klägers zu begründen, denn auch die Tätigkeit eines selbständigen Subunternehmers kann auf Honorarbasis als Stundenvergütung vereinbart sein. Ebenso ist ein selbständiger Bauhandwerker im Rahmen eines Werkvertrages an die Vorgaben des Bauherrn bzw. des Auftraggebers gebunden, was die Ausführung der Bauleistung und den Einsatz der verwendeten Materialien angeht. In Bezug auf den Einsatz der Werkzeuge hat der Kläger nicht einmal vorgetragen, dass diese von B. gestellt worden wären, und zuletzt ist auch die Anwesenheit eines selbständigen Bauhandwerkers auf Anforderung eines Bauherrn nicht ungewöhnlich. Gegen eine Tätigkeit des Klägers als abhängig Beschäftigter im Rahmen eines durch einen Arbeitgeber ausgeübten Weisungsrechts in Bezug auf die Arbeitszeiten sprechen demgegenüber die teilweise massiven Verstöße gegen Arbeitnehmerschutzbestimmungen, wie sie sich aus dem Arbeitszeitgesetz (vom 06.06.1994; BGBl. I S. 1170, 1171 - ArbZG) ergeben. Ausweislich der gegenüber dem Arbeitsgericht S. angegebenen Zeiten der Tätigkeit habe der Kläger an 15 von 31 Tagen - unter Verstoß gegen § 3 ArbZG - mehr als 10 Stunden gearbeitet, ohne dass eine Ausnahmeregelung iSd § 7 ArbZG ersichtlich wäre. Darüber hinaus legen die Tätigkeitszeiten im Zeitraum vom 27.06.2011 bis 01.07.2011 (59 Stunden innerhalb von 5 Werktagen) zumindest einen Verstoß gegen die Regelung über die Ruhezeiten nahe (§ 5 ArbZG), und zuletzt läge aufgrund der Tätigkeit am 17.07.2011 (Sonntag) ein Verstoß gegen § 9 ArbZG (Sonn- und Feiertagsruhe) vor, da nicht ersichtlich ist, dass die Voraussetzungen des § 10 ArbZG (Sonn- und Feiertagsbeschäftigung) vorlägen. Im Ergebnis sprechen daher die vom Kläger angegeben Anwesenheitszeiten, die seitens des Bauherrn angeordnet gewesen seien, eher gegen eine abhängige Beschäftigung, da diese weder legal noch durch ein Weisungsrecht des B. gedeckt gewesen wären. Soweit der Kläger vorträgt, B. habe die Hotelzimmer, in denen er, der Kläger, übernachtet habe, angemietet aber nicht bezahlt, lässt auch dies keinen Schluss auf eine Arbeitnehmereigenschaft des Klägers zu. Ausweislich seiner Klage vor dem Arbeitsgericht S. hat er keine Übernachtungskosten, sondern lediglich eine Auslöse dem Grunde nach als Teil des Arbeitsentgeltes geltend gemacht, so dass die Anmietung der Unterkunft durch B. als indifferentes Kriterium keinerlei Bezug zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung seines Status aufweist. Auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse gibt es daher keine zweifelsfreien Nachweise für eine abhängige Beschäftigung des Klägers; zu einer weitergehenden Beweiserhebung von Amts wegen musste sich der erkennende Senat nicht gedrängt sehen, denn auch wenn der Sachvortrag des Klägers als wahr zu unterstellen ist, rechtfertigt dieser Sachverhalt keine zweifelsfreie Beurteilung dahingehend, der Kläger habe - entgegen der Vereinbarung mit B. als selbständiger Subunternehmer für diesen tätig zu werden - eine abhängige Beschäftigung als Arbeitnehmer bei B. ausgeübt. In diesem Zusammenhang hat der Kläger - unter Bezugnahme auf das arbeitsgerichtliche Verfahren - allein dargelegt, dass andere "Arbeitnehmer" seine Arbeitszeiten zwar bezeugen könnten. Dem brauchte der Senat jedoch nicht nachzugehen, denn nach Lage der Akten gibt es keine Hinweise auf eine ladungsfähige Anschrift dieser Zeugen und der Kläger hat auch nicht angeboten diese mitzuteilen. Zudem ist der vom Kläger vorgetragene Umfang seiner Tätigkeit als wahr zu unterstellen, und in Bezug auf die zentrale Frage des vorliegenden Verfahrens, die persönliche Abhängigkeit des Klägers, ist weder ersichtlich, ob diese Zeugen Angaben machen können, noch hat der Kläger dieses behauptet. Allein aus der Anwesenheit des Klägers auf den Baustellen, die allein durch die Zeugen im arbeitsgerichtlichen Verfahren bestätigen werden sollten, lassen sich keine Schlüsse auf eine abhängige Beschäftigung ziehen. Darüber hinaus gibt es nach Lage der Akten keine Anhaltspunkte dafür, dass die im arbeitsgerichtlichen Verfahren benannten Zeugen zum wesentlichen Abgrenzungskriterium, der persönlichen Abhängigkeit, die dadurch zum Ausdruck kommen könnte, dass eine Tätigkeit für andere Auftraggeber ausgeschlossen war, Angaben machen können, insbesondere nachdem nicht einmal der Kläger selbst behauptet, die Zeugen hätten Kenntnis von seinen vertraglichen Beziehungen zu B. gehabt. In diesem Zusammenhang hat der Kläger lediglich geltend gemacht, er habe allein für B. gearbeitet, was jedoch ebenfalls keinen Schluss auf eine Arbeitnehmereigenschaft zulässt, denn auch selbständige Bauhandwerker, sind - abhängig von der Größe des Auftrages - zumindest für begrenzte Zeiträume ausschließlich für einen Auftraggeber tätig, ohne dass aus derartigen vertraglichen Regelungen eine abhängige Beschäftigung erwachsen würde. Insoweit ist entscheidend auf die vertraglichen Bindungen abzustellen, die es einem Dienstherrn erlauben, eine Tätigkeit des Verpflichteten für einen anderen Dienstherrn auszuschließen. Soweit wie vorliegend der Kläger lediglich Angaben dazu macht, für keinen anderen Dienstherrn tätig gewesen zu sein, besagt dies nichts darüber, ob er nicht berechtigt gewesen wäre auch andere Aufträge anzunehmen, wofür allerdings bereits sein eigener Vortrag spricht, er sei "hauptsächlich" für B. tätig gewesen.

Das lese ich sonst eher genau entgegen gesetzt. Das Argument mit dem Arbeitszeitgesetz ist nett. Merke: je nachdem um was es geht, funktioniert der Beweis mal in diese, mal in die andere Richtung. 

wenn zwei sich streiten (?)

dann freut unter Umständen niemand "meine" Familienhelferin bekommt seit 2012 keine Aufträge mehr. Status unklar. Vor allem wegen LSG Berlin-Brandenburg - aktuell die Entscheidungen vom Juli 2014. Ein weiteres Beispiel aus dem Bereich "Feinheiten". Familienhelfer ist nicht gleich Familienhelfer.

Der erste Senat ist bei den selbständigen Familienhelfern auf "ja". 

Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des BSG etwa für die rechtliche Beurteilung von Lehrtätigkeiten anerkannt, dass eine abhängige Beschäftigung nicht bereits deswegen anzunehmen ist, weil dem Dozenten der äußere Ablauf seiner Lehrtätigkeit vorgegeben wird (vgl. BSG Urt v. 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R – juris Rn 29 ). Auch der Zwang, sich inhaltlich an gewissen Vorgaben auszurichten, führt nicht zur Annahme von Weisungsgebundenheit. Tätigkeiten sind nämlich auch dann weisungsfrei, wenn zwar ihre Ziele vorgegeben werden, die Art und Weise der Ausführung aber dem Dienstleister überlassen bleibt. Entsprechend hat der Senat etwa für die Selbständigkeit vom Bundesrat beauftragter Führer des Besucherdienstes entscheidend darauf abgestellt, dass diese als Honorarkräfte im Kernbereich ihrer Tätigkeit frei waren (Urt. v. 15. Juli 2011 – L 1 KR 206/09 – juris Rn 171). Auch für Einzelfallhelfer hat er dieses Kriterium bereits als maßgeblich herangezogen (Urt. v. 17. Januar 2014 – L 1 KR 175/12 – juris Rn 64).

Unter Beachtung dieser Maßstäbe kommt es darauf an, ob der Beigeladene zu 1) im Wesentlichen frei, ohne inhaltliche Vorgaben seitens des Klägers in der Ausgestaltung seiner Tätigkeit war. Dies ist hier der Fall.

Der Beigeladene zu 1) und der Kläger haben bereits im Verwaltungsverfahren übereinstimmend und widerspruchsfrei geschildert, dass der Beigeladene zu 1) nach der Übernahme eines Falles keine Anweisungen des Klägers erhalten hat. Es hat weder Vorgaben hinsichtlich des Ortes oder der Zeit bzw. der Dauer der Tätigkeit noch inhaltliche Vorgaben für ihre Ausgestaltung gegeben. Der Beigeladene zu 1) hat nach Annahme eines Auftrages selbständig die Art und Weise und die inhaltliche Ausgestaltung seiner Betreuung und Förderung des jeweiligen Kindes festgelegt. Entsprechend der konkreten Fehlleistung des Hilfebedürftigen hat er aufgrund seines Fachwissens und seiner Erfahrungen einen Förderplan entwickelt und umgesetzt. Die entsprechende Vorgehensweise hatte er weder mit dem Kläger abzustimmen noch unterlag er insoweit Weisungen in dem Sinne, dass ihm Vorgaben gemacht wurden, wie er auf ein bestimmtes Verhalten der Hilfebedürftigen oder ein bestimmtes Beschwerdebild reagieren soll. Diese Fragen bleiben vielmehr dem Fachwissen des Beigeladenen zu 1) überlassen. Weder der Kläger als freier Träger noch das Bezirksamt haben konkrete Weisungen erteilt. Der von dem zuständigen Sozialamt ausgehende Auftrag bestimmte lediglich die Ziele der Einzelfallhilfe, gab aber deren Inhalte nicht vor. Nur der Beigeladene zu 1) bestimmte die Art und Weise der inhaltlichen Ausgestaltung der Betreuung des jeweiligen Kindes. Er hatte lediglich Entwicklungsberichte für das jeweilige Bezirksamt zu fertigen.
Besonders gut gefällt mir dabei der Satz (ja, so gehört´s):
Demgegenüber fällt nicht entscheidend ins Gewicht, dass der Beigeladene zu 1) kein Unternehmerrisiko trug, weil er angesichts des im Rahmenvertrages vereinbarten Honorars von 21,00 EUR je Stunde nicht das Risiko trug, seine Arbeitskraft einzusetzen ohne davon einen Ertrag zu haben.
Der neunte Senat sieht das alles ein wenig anders, wobei ich in der konkreten Fallkonstellation durchaus denke, dass die Vorgehensweise des Auftraggebers hier auch sehr besonders besonders ist. 
"Frau I G ist durch Vermittlung des Jugendamtes T als Familienhelferin eingesetzt. Der Stundensatz beträgt 26,40 DM brutto/netto zuzüglich 6,6 % Zuschuss zum Krankenkassenbeitrag. Außerdem erhält Frau G ein Urlaubsentgelt nach dem Bundesurlaubsgesetz. Der wöchentlich genehmigte Stundenumfang beinhaltet eine Stunde für Supervision sowie zwei Stunden für Vor- und Nachbereitung. Für jedes Kind, das im Haushalt der Eltern lebt, erhielt Frau G 20,-DM monatlich als Aufwendungsersatz. Bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen werden außerdem 9,6 % Zuschuss zur Rentenversicherung gezahlt."
 Eine Selbständige mit Urlaubsentgelt? Interessant. Vielleicht ist das gar keine unterschiedliche Sichtweise, nur unterschiedliche Fälle. Weiter heißt es sehr deutlich:

Insgesamt beobachtet der Senat hier ein vom Kläger verfolgtes Konzept, das die Vorteile abhängiger Beschäftigung (Weisungsabhängigkeit, Eingliederung, klare Vorgaben zu Lohn- und Sozialleistungen) mit den Vorteilen freier Mitarbeiterschaft (kein Beschäftigungsanspruch, hohe Flexibilität) kombinieren will. Damit korrespondiert auf der Seite der "freien Mitarbeiter" ein doppelter Nachteil, nämlich die fehlende Beschäftigungssicherheit auf der einen und die enge Kontrolle durch das Jugendamt bei klaren inhaltlichen und fachlichen Vorgaben auf der anderen Seite. Im Gesamtbild zeigt sich, dass der Kläger seinen Familienhelfern im fraglichen Zeitraum zwar das Etikett "freier Mitarbeiter" verleihen wollte, hierin aber aufgrund der Abhängigkeit, in die schon die rechtlichen Rahmenbedingungen die "freien Mitarbeiter" führten, ein Etikettenschwindel zu sehen ist.

Es bleibt spannend. Und für alle, die sich schon immer dachten, diese lästigen Probleme mit Status könnte man so eben im Vorübergehen mit einer Checkliste erledigen, viel Glück damit.  

Freitag, 10. Oktober 2014

die noch offenen "Gehälter" des Subunternehmers

„Whatever can go wrong will go wrong.“ und dann geht es auch noch weiter. Der nicht ganz erwünschte Mitarbeiter will sein Geld. Noch mehr Geld. Für offene Monate. Gestern meinte ein Kollege, der Subunternehmer habe nach ständiger Rechtsprechung die Pflicht alles zu tun, dass sein Gewerbe funktioniere. Nach ständiger Rechtsprechung?

Das LAG Rheinland-Pfalz hatte dazu im Jahre 2010 zu entscheiden wie es mit der Verrechnung nachträglich anfallender Sozialversicherungsbeiträge aussieht und gab dem Mitarbeiter recht. Er bekam sein Geld, die Aufrechnung funktionierte nicht - hier ein Sonderfall, da es zwei Beschäftigungsverhältnisse gab. Nur, das LAG sah keine irgendgeartete "Haftung" des Auftragnehmers. 

Vielmehr ging das LAG vom Restrisiko des Auftraggebers aus. 

Die Begrenzung der Abzugsmöglichkeit für den Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag führt dazu, dass der Arbeitgeber das Risiko trägt, wenn er fehlerhaft Beschäftigte als nicht sozialversicherungspflichtig behandelt, obwohl sie tatsächlich der Sozialversicherungspflicht unterfallen. Es ist dem Arbeitgeber nicht möglich, das Risiko, ob ein bestimmtes Rechtsverhältnis ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ist oder nicht, teilweise auf den Arbeitnehmer abzuwälzen. Das im Interesse des Arbeitnehmers geschaffene Sozialversicherungssystem soll nicht mit der unerwünschten und den Gesetzeszweck beeinträchtigenden Begleiterscheinung drückender Beitragslast und der Beitragsverschuldung des Arbeitnehmers sowie der sich daraus ergebenden Klage-, Vollstreckungs- und sonstigen Druckmöglichkeiten des Arbeitgebers verbunden sein (BAG 12. 12. 2006 - BAG Aktenzeichen 3AZR80605 3 AZR 806/05 - NZA 2007, NZA Jahr 2007 Seite 1105).

(...)

Die Voraussetzungen nach § SGB_IV § 28 g Satz 4 SGB IV für eine uneingeschränkte Geltendmachung des Arbeitnehmeranteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag sind nicht erfüllt. In Betracht kommt vorliegend allein § 28 g Satz 4, 1. Altern. SGB IV (vorsätzliche oder grob fahrlässige Nichterfüllung der Pflichten nach § SGB_IV § 28 o SGB IV). Gem. § SGB_IV § 28o Abs. SGB_IV § 28O Absatz 1 SGB IV hat der Beschäftigte dem Arbeitgeber die zur Durchführung des Meldeverfahrens und der Beitragszahlung erforderlichen Angaben zu machen und, soweit erforderlich, Unterlagen vorzulegen.
Hieraus ergibt sich allerdings keine Verpflichtung zur Erteilung zutreffender Rechtsauskünfte durch den Arbeitnehmer. Die Verpflichtung erstreckt sich nur auf Mitteilung der für das Meldeverfahren und die Beitragszahlung erforderlichen Tatsachen (LAG Schleswig-Holstein, a. a. O.; Mette, in: BeckOK SGB IV § SGB_IV § 280 SGB IV Rz. 4). Welche der Beklagten nicht ohnehin bekannten Tatsachen der Kläger nicht mitgeteilt haben soll, ist nicht ersichtlich.

Natürlich bestehen nach BAG gewisse Verrechnungsmöglichkeiten zwischen bezahltem Honorar und dem "geschuldeten" Honorar sowie den Abgaben. Eine Art Gesamtsaldierung. Allerdings ging es in den Fällen, z.B. hier IMMER um Rundfunkmitarbeiter. Dabei gibt es die Spezialität, dass für diese Tarifverträge für feste und freie Mitarbeiter gelten. Es lässt sich also ohne Mühe ein Vergleich berechnen. Fehlt es an einem Vergleich, dürfte es schwierig sein, überhaupt eine Saldierung zu errechnen. 

Daher empfehle ich Auftraggebern in Zweifelsfällen unter anderem einen Arbeitsvertrag zu üblichen Bedingungen als Alternative zur "freien Tätigkeit" eines Freelancers vorzulegen und zu dokumentieren, dass der Auftragnehmer diesen abgelehnt hat. Das musste aufgrund von Verfahren nach § 7a SGB IV noch nicht getestet werden, ist aber immerhin ein Versuch.








Dienstag, 7. Oktober 2014

Steuerberater als Bevollmächtigte im Statusfeststellungsverfahren

Kleine Erinnerung an Entscheidungen hier und hier des BSG zu den Bervollmächtigten in Statusfeststellungsverfahren u.a.: 

 2. Die Zurückweisung der Klägerin als Bevollmächtigte gemäß § 13 Abs 5 SGB X erfolgte auch unter Zugrundelegung der durch das RDG eingetretenen Rechtsänderungen (dazu unter a) rechtmäßig. Die Tätigkeit der Klägerin ist als Rechtsdienstleistung iS des § 2 RDG einzustufen (dazu unter b) und stellt auch keine zulässige Nebenleistung iS des § 5 RDG dar (dazu unter c). Eine Vertretungsbefugnis kann zudem nicht aus § 13 Abs 6 S 2 SGB X iVm § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG hergeleitet werden (dazu d). Verfassungsrecht steht dieser gewonnenen Auslegung nicht entgegen (dazu e).

a) Nach § 13 Abs 1 S 1 SGB X kann sich ein Beteiligter eines Verwaltungsverfahrens (dort) durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Gemäß § 13 Abs 5 SGB X (hier anzuwenden idF von Art 2 Nr 1 des Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften vom 11.12.2008, BGBl I 2418) sind Bevollmächtigte und Beistände jedoch zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 RDG (idF vom 12.12.2007, BGBl I 2840) Rechtsdienstleistungen erbringen. Nach § 3 RDG wiederum ist die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das RDG oder durch oder aufgrund anderer Gesetze (zB für Steuerberater durch § 3 Nr 1 StBerG) erlaubt wird. Als Rechtsdienstleistung ist nach der in § 2 Abs 1 RDG enthaltenen Legaldefinition "jede Tätigkeit in konkreten fremden" Angelegenheiten anzusehen, sobald sie eine "rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert".

b) Das Tätigwerden der Klägerin als Bevollmächtigte ist bereits im auf die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gerichteten Verwaltungsverfahren nach § 7a SGB IV als Erbringung einer Rechtsdienstleistung iS von § 2 Abs 1 RDG zu werten.

 Das Tätigwerden der Klägerin im streitigen Verwaltungsverfahren stellt eine "konkrete fremde" Angelegenheit iS von § 2 Abs 1 RDG dar; denn sie erfolgte hier im Einzelfall und lag im wirtschaftlichen Interesse eines Dritten (vgl dazu allgemein Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drucks 16/3655 S 48 zu § 2 zu Abs 1 linke Spalte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH zum Rechtsberatungsgesetz (RBerG); BGH MDR 2011, 680 = Juris RdNr 29 ff), nämlich eines Mandanten der Klägerin, dessen sozialversicherungsrechtlicher Status zu klären und der Gesellschafter des vermeintlichen Arbeitgebers war.

Das Merkmal des § 2 Abs 1 RDG, wonach zusätzlich zum Tätigwerden in einer fremden Angelegenheit eine "rechtliche Prüfung des Einzelfalls" erforderlich sein muss, ist - wie die Beklagte und das LSG zutreffend angenommen haben - im vorliegenden Fall ebenfalls zu bejahen. Bereits die Antragstellung und das Betreiben eines Verwaltungsverfahrens nach § 7a Abs 1 SGB IV mit dem in diesem Zusammenhang nach Abs 4 der Regelung vorgesehenen obligatorischen Anhörungsverfahren machen eine solche "rechtliche Prüfung des Einzelfalls" erforderlich. Deswegen ist das Tätigwerden in einem solchen Fall nicht nur als für das Rechtsdienstleistungsrecht irrelevante bloße - schwerpunktmäßig eher im außerrechtlichen Bereich liegende - technische Leistung im Rahmen der Umsetzung von Rechtsvorschriften einzustufen.

Montag, 6. Oktober 2014

Küken- bzw. Hühnersortierer

hätten Sie es gewusst? Es gibt Hühnersortierer. 


Im Rahmen der gewerblichen Geflügelzucht erfolgt jedenfalls bei einem Großteil der Betriebe bei den frisch geschlüpften Eintagsküken eine Geschlechtsbestimmung. Dabei handelt es sich (ausweislich der Angaben des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V. vom 4. September 2008, Bl. 114 der den Kläger zu 8. betreffenden Verwaltungsvorgänge) um eine hoch spezialisierte Tätigkeit. Diese setzt eine spezifische Ausbildung voraus, die in Deutschland nicht angeboten wird, aber in einer Reihe von asiatischen Staaten, darunter auch Korea, erfolgt.
Das LSG Nieddersachsen-Bremen L 2 R 597/10 hatte sich mit der Frage auseinander zu setzen, wie selbständig derartige Sortierer arbeiten. Und befand: gar nicht. 

Interessant wird der Fall dadurch, dass sich die Sortierer zu einer KG zusammen geschlossen hatten und alle Gesellschafter der KG waren. Der Gesellschaftervertrag sah gewissen Regelungen vor, die ausgesprochen untypisch waren und - vereinfacht - eine Selbständigkeit durch vertragliche Gestaltung erreichen sollten. 


Zur Begründung hat das Sozialgericht insbesondere darauf hingewiesen, dass die KG praktisch handlungsunfähig wäre, wenn das in ihren Statuten vorgesehene Einstimmigkeitsprinzip konsequent umgesetzt werde. Jedenfalls beinhalte der Gesellschaftsvertrag eine starke Einschränkung der Handlungsfreiheit der einzelnen Gesellschafter, aufgrund derer im Ergebnis nicht von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen sei. Insbesondere sei bei den einzelnen Gesellschaftern keine eigene autonome Entscheidungsfreiheit verblieben.

Das LSG hat dieses Ergebnis gestützt.


Nur derjenige, der kraft seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung, weil er Mehrheitsgesellschafter ist oder jedenfalls über eine sog. Sperrminorität verfügt, als Geschäftsführer-Gesellschafter in der Lage ist, ihm nicht genehme Entscheidungen der Gesellschaft zu verhindern, ist ausnahmsweise nicht abhängig beschäftigt (BSG, U.v. 24. November 2005 - B 12 RA 1/04 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 7).
Über eine solche Sperrminorität verfügte im Ergebnis keiner der Kläger. Vielmehr konnte jeder der Kläger auch gegen seinen Willen bei Verwirklichung auch nur einer der Tatbestände des § 8 Ziffern 1 oder 3 des Gesellschaftsvertrages aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden konnten.

Das Urteil macht deutlich, dass vertragliche Regelungen zwei Gegensätze vereinen müssen: einerseits sollen die Gesellschafter möglichst selbständig sein, andererseits will sich die Mehrheit nicht von einzelnen in ihren Möglichkeiten einschränken lassen. Beides ist nicht möglich und macht deutlich, dass sich Selbständigkeit nur eingeschränkt kreativ regeln lässt. 

Neben fehlendem Unternehmerrisiko, fehlenden tatsächlichen Geschäftsführeraufgaben, sieht das LSG nur den Arbeitgeber:



Auch anderweitig bestanden für die Kläger keine die Tätigkeit prägenden für einen Arbeitnehmer uncharakteristische Handlungsspielräume (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: BSG, U.v. 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R -). Diesbezüglich ist bereits im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass es im Ergebnis der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht einmal entgegenstünde, wenn ein Geschäftsführer "im täglichen Dienstbetrieb" "im Wesentlichen frei walten und schalten" und, was Ort, Zeit und Dauer seiner Arbeitsleistung betrifft, weitgehend weisungsfrei agieren kann (BSG, U.v. 18. Dezember 2001, aaO). Im vorliegenden Fall war eine solche Freiheit im Ergebnis jedoch ohnehin nicht festzustellen. Der Gesellschaftsvertrag verpflichtete die Kläger zur aktiven persönlichen Mitwirkung unter "vorrangiger Beachtung der Belange der Gesellschaft". Jeder wiederholte Verstoß gegen diese Bestimmung war nach § 8 Abs. 3 des Vertrages dahingehend sanktioniert, dass die übrigen Gesellschafter den Betroffenen auch gegen seinen Willen aus der Gesellschaft ausschließen durften.

Damit wurde im betrieblichen Alltag erforderlichenfalls Druck auf die Kläger ausgeübt, alle für sie vorgesehenen Sortieraufträge auch wahrzunehmen, solange nicht auf Seiten der übrigen Gesellschafter ohnehin eine Bereitschaft zur Übernahme weiterer Aufträge bestand. Die im Alltag tatsächlich ausgeübte die berufliche Tätigkeit aller Kläger für die Beigeladene prägende - durchaus monotone - Sortiertätigkeit war ohnehin hinsichtlich ihrer konkreten Ausformung durch die mit der Aufgabenerledigung verbundenen Vorgaben zumal auch angesichts des hohen vertraglich festgelegten Zeitdrucks weitestgehend vorgezeichnet.

Nachdem der jeweils betroffene Kläger der Einteilung zu einem konkreten Sortierauftrag nicht widersprochen hatte (wobei ein Widerspruch aus den dargelegten Gründen nach den vertraglichen Vereinbarungen nur in Betracht kam, wenn damit die Interessen der Gesellschaft nicht missachtet wurden, vgl. auch BSG, U.v. 25. April 2012 - B 2 KR 24/10 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 15, wonach maßgebend die Verhältnisse nach Annahme - also bei Durchführung - des einzelnen Auftrags sind), waren Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung durch die Umstände vorgegeben. Dementsprechend ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass ohnehin "eine gewisse örtliche und zeitliche Eingliederung" des Beschäftigten genügen kann (vgl. BSG, B.v. 16. August 2010 - B 12 KR 100/09 B – bezogen auf Reinigungskräfte).

Die Beigeladene verfügte nicht über eigene Betriebsstätten und betriebliche Anlagen, sie ließ die Kläger aber in der Betriebsstätte der Brüterei an den dort von der Brüterei vorgehaltenen Sortieranlagen ihre Tätigkeit verrichten. In diese von der Beigeladenen unter Heranziehung der Produktionseinrichtungen der Brüterei geschaffene betriebliche Ordnung mussten sich die Kläger einfügen. Alle Kläger waren in diese Arbeitsorganisation der Beigeladenen als des Weisungsgebers eingegliedert.