Freitag, 14. Februar 2014

mal eben so Beiträge nachfordern

geht doch nicht so locker wie manche Rentenversicherung das so meint. In einer Entscheidung des bayerischen LSG wird die Rentenversicherung darauf verwiesen, dass es ohne Aufhebung nicht geht. Bescheid ist Bescheid. Rentenversicherung fordern gerne mit der lockeren Ansage "unsere Prüfung hat ergeben..." Geld nach ohne einen Aufhebungsbescheid zu erlassen. SGB X ist auch lästig, da stehen dann wieder so Dinge von Ermessen, das stört.
Es wäre damit erforderlich gewesen, den bestandskräftigen Erstbescheid vom 03.03.2005 vor Erlass der strittigen Entscheidung aufzuheben nach § 45 SGB X. Zur anderslautenden Auffassung der Beklagten, dass eine Nachveranlagung jederzeit möglich sei und § 45 SGB X keine Anwendung fände, hat das BSG im Urteil vom 12.02.1992 - 10 RAr 6/90 unter Rn 18 (zitiert nach Juris) entschieden: Der Gesetzgeber hat in § 45 Abs. 2 SGB X eine grundsätzliche Abwägung getroffen zwischen dem Rechtsstaatsprinzip einerseits und dem Vertrauensschutz des Beitragsschuldners (oder Berechtigten) andererseits. Dieser Widerstreit, der im Falle der Änderung einer rechtskräftigen Beitragsprüfung immer entsteht, würde bei der Verfolgung der Auffassung der Beklagten nicht ausgetragen. Mehr noch: es würde die ausdrückliche Regelung des Gesetzgebers in § 45 Abs. 2 SGB X übergangen, die nur für den Fall getroffen ist, dass eine rechtswidrige zu geringe Heranziehung vorliegt, die entweder auf Täuschung, auf vorsätzlich falschen Angaben oder aufgrund Fahrlässigkeit beruhen muss. Damit hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass Verwaltungsakte, in denen zu geringe Belastungen eines Verpflichteten entstehen, ausschließlich auf dem Weg über § 45 SGB X zu berichtigen sind. Wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, ist eine Entscheidung der Beklagten, diesen Bescheid vom 03.03.2005 nachträglich zu beseitigen, weder ersichtlich noch auf anderem Wege in der streitgegenständlichen Entscheidung zu finden. Diesen Feststellungen des Sozialgerichts schließt sich der Senat in Übernahme an, § 153 Abs. 2 SGG.

3. Die Beklagte hat den Bescheid vom 03.03.2005 auch nicht widerrufen. Zudem ist die im Bescheid vom 03.03.2005 nur im Einleitungssatz vor dem Tenor enthaltene Formulierung " ... hat in den geprüften Fällen folgende Feststellungen ergeben" kein hinreichend bestimmter und auch nicht hinreichend bestimmbarer Widerrufsvorbehalt iSd § 32 Abs. 2 Nr. 3 IVm § 33 SGB X. Entsprechende Anhaltspunkte sind auch den übrigen Angaben der Beteiligten im Verfahren nicht zu entnehmen; sie sind auch nicht anderweitig erkennbar.
Richtig unterhaltsam wird es, wenn die eine Rentenversicherung den Bescheid erlässt und eine andere bei der erneuten späteren Prüfung zu einem anderen Ergebnis kommt. Wer hebt dann auf? Das ist aber nicht mein Problem. 



Donnerstag, 13. Februar 2014

Missverständnisse aus dem Internet



Auch zur Scheinselbständigkeit gibt es erhebliche Informationstücken. "das hab ich aus dem Internet" heißt leider nur, dass es irgendwer irgendwann irgendwie geschrieben hat. 

Die Gesetzeslage hat sich seit 1998 mehrfach verändert. Die betrifft nicht nur die Veränderung der Indizien in § 7 SGB, sondern dummerweise gerade die beitragsrechtlichen Regelungen der Paragraphen 7b und 7c SGB IV. Früher ging es um Beiträge:



§ 7b  Beitragsrückstände

Stellt ein Versicherungsträger außerhalb des Verfahrens nach § 7a fest, dass eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, tritt die Versicherungspflicht erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn der Beschäftigte
  • 1.zustimmt,
  • 2.für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht, und
  • 3.er oder sein Arbeitgeber weder vorsätzlich noch grob fahrlässig von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen ist.

 § 7c  Übergangsregelung für Beitragsrückstände
1Bestehen Zweifel, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, und ist ein Antrag auf Entscheidung, ob eine Beschäftigung vorliegt, bis zum 30. Juni 2000 gestellt worden, tritt die Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe der Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung Bund ein, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt; § 7a Abs. 6 Satz 2 gilt entsprechend.2Satz 1 findet keine Anwendung, wenn
  • 1.im Zeitpunkt der Antragstellung die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger bereits eine Entscheidung, dass eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, getroffen oder ein entsprechendes Verfahren eingeleitet hatte, oder
  • 2.der Arbeitgeber seine Pflichten nach dem Dritten Abschnitt bis zu der Entscheidung vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht erfüllt hat.

 
Heute beinhaltet diese Regelungen heute die Wertguthaben. Daher Vorsicht an alle, die das Thema anno 2006 oder noch früher für alle Zeiten aufgearbeitet haben.

Was bleibt? 7a SGB IV. Wie lange das Verfahren bis zur Verkündung der Entscheidung dauert, steht dort nicht.

Mittwoch, 12. Februar 2014

die zertifizierte, selbständige Pflegekraft

gibt es hier. Immer wieder überraschend, welche Geschäftsmodelle ich übersehe. Auf die Zertifizierung bin ich noch gar nicht gekommen. Die jederzeit und allgemein selbständige Pflegekraft. Überhaupt Kraft. Ich dachte, das ginge nur über § 7a SGB IV und bezöge sich auf ein konkretes Vertragsverhältnis. 

Ich wünsche allen Zertifizierten viel Spaß mit dem Zertifikat. Vielleicht hilft es etwas bei § 266a StGB. Vielleicht auch nicht, der BGH ist ja da etwas hartherzig was § 7a SGB IV betrifft.

Donnerstag, 6. Februar 2014

wenn man für seine selbständigen Fahrer über 100.000 Euro nachzahlt

ist das schmerzhaft. Das bayerische LSG hatte in dem Eilverfahren L 5 R 911/13 B ER am 13. Januar zu entscheiden, ob ein Beitragsbescheid offensichtlich unrichtig ist und lehnte dies ab:

für eine abhängige Beschäftigung folgende gewichtige Tatsachen:
- Der Antragsteller hat den Fahrern die erforderlichen Fahrzeuge zur Verfügung gestellt.
- Die Fahrer sind für Kundenaufträge des Antragstellers tätig geworden. Sie sind nach außen hin jedenfalls in diesem Zusammenhang nicht als Selbständige aufgetreten.
- Die Fahrer haben keine eigenen Betriebsstätten unterhalten.
Demgegenüber sind zwar auch Elemente zu erkennen, die für eine Selbständigkeit der Fahrer sprechen, wie der Antragsteller zu Recht geltend macht. Diese sind:
- das nur fallweise Tätigwerden der Fahrer,
- die Vergütung aufgrund Rechnungstellung,
- das Fehlen eines Anspruchs auf Lohnfortzahlung im Urlaubs- und Krankheitsfalle und
- die Anmeldung eines eigenen Gewerbes.
Diese Gesichtspunkte treten jedoch im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung hinter den erstgenannten Merkmalen der abhängigen Beschäftigung zurück.

Der Senat stellt weiter darauf, dass ein eigenes Fahrzeug als betriebsnotwendig angesehen wird. Daraus kann man umgekehrt ableiten, dass es für das Unternehmerrisiko darauf ankommt, dass die betriebsnotwendigen Betriebsmittel vorhanden sein müssen. 

Für Meisterspachtler bedeutet dies: Spachtel, Spachtelmasse, Einer, Wasser. Oder?

Mittwoch, 5. Februar 2014

die Tücken der preiswerten 24-Stunden-Pflege

Viele Angehörige versuchen ihre Lieben so lange wie möglich zu hause zu betreuen. Irgendwann geht das an die Substanz. Pflegestufe III ist zu hause kaum zu schaffen. 

Dazu entwickelte sich ein praktisches Geschäftsmodell. Die 24-Stunden-Pflege durch Kräfte, die aus einem Niedriglohnland stammen. Grundsätzliche Idee: die Pflegekraft verdient in zwei Monaten netto was man in manchen Gegenden in einem Jahr verdient, die Agentur verdient, der Pflegebedarf wird abgearbeitet. Alle sind zufrieden. Oder?

Dumm, dass es in Deutschland etwas wie Sozialversicherung und Arbeitsrecht gibt. Man muss sich überlegen, dass die Pflegekräfte im wesentlichen 24 Stunden zur Verfügung stehen. An sich wären wenigstens drei Arbeitskräfte notwendig.

Derzeit scheint es zwei Modelle zu geben: 

1. eine Agentur vermittelt Kontakt zu einem ausländischen Dienstleister, der seine Mitarbeiter entsendet. Prinzipiell ist das denkbar. Das entsendende Unternehmen ist Arbeitgeber, der deutsche Kunde prinzipiell aus dem Schneider. Zweifel bleiben bezüglich Arbeitnehmerüberlassung, Arbeitszeitgesetz und ähnlichem bleiben aber. 

2. eine Agentur vermittelt eine Pflegekraft. Am besten sitzt die Agentur dazu nicht in Deutschland, sondern z.B. in Österreich. Die Pflegekraft arbeitet selbständig. Ist also quasi Unternehmer. Nur eben ohne eigenen Geschäftssitz und ohne richtiges Unternehmen mit Fahrzeugen, Material, Dienstkleidung und so (wobei die Pflegeunternehmerin nicht nackt arbeitet). Aber sie bringt hauswirtschaftliche Kenntnisse ein und ähnliches. Ist das ein Unternehmen? Das OLG Oldenburg und das OLG Hamm sagen nein, differenzieren allerdings bezüglich Strafbarkeit / Ordnungswidrigkeit.

Beide Varianten bieten Probleme. Die Varianten der Selbständigen Pflegekraft ist hochgefährlich. Da hilft es wenig, dass der Zoll offensichtlich in diesem Bereich aus menschelnden Gründe eine extrem dunkle Sonnenbrille aufsetzt.

Dritte Möglichkeit: Die Beschäftigung rumänischer und bulgarischer Haushaltskräfte ist inzwischen erlaubt. Damit fällt die OWi nach § 404 SGB III weg. Die nicht so selbständigen Selbständigen kann man also anstellen und in Deutschland melden. Eventuell sogar über kurzzeitige Beschäftigung. Wenn die Ukraine doch noch assoziiert, dann geht die nächste Runde mit Selbständigen los.

Dienstag, 4. Februar 2014

Selbstversuch

ich habe eine Domain gekauft. www.scheinselbstaendig.de war noch "frei". Interessant war die phasenweise Senkung des Preises von 8000 € auf wesentlich weniger. Irgendwann erreichte das ganze dann einen sehr niedrigen 4-stelligen Betrag, den ich auch nicht bezahlt habe. Irgendwie gibt es dann einen Code und schon ist alles bei meinem Provider.

Die Domain wird dann übertragen und ich kann machen was ich will - z.B. Pornos laden, das scheint ja das gut funktionierendes Hauptgeschäft des Internets zu sein. Auf alle Fälle kostenlos - wie alles im Netz. Vielleicht schalte ich einfach Werbung, z.B. Versicherungen für den abhängigen Kleinunternehmer und Rechtsschutzversicherungen.

Das mit den Pornos war ein Witz.