Freitag, 21. Dezember 2012

der scheinselbständige Weihnachtsmann

Viele wissen es nicht: der Weihnachtsmann ist gar nicht sozialversicherungsfrei. Nicht völlig. Man mag diskutieren, ob der Weihnachtsmann wegen des unternehmerischen Risikos (Schlitten, Tiere und Logistik), sowie Pacht des Nordpols nun Beschäftigter "größerer Mächte" ist oder nicht. Ich würde jedenfalls stark überlegen, ob aufgrund des alleinigen Auftraggebers "größerer Mächte" nicht doch eine Rentenversicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr 9 in frage käme.

Ehrlich gesagt, interessiert ich das nur am Rande. Es ist 9 Uhr, der 21. geht seinem Ende entgegen und die Rentenversicherung...

Allen Nichtjuristen/Innen und JuristenInnen wünsche ich frohe Weihnachten und ein glückliches neues Jahr. Ich nehme an, wie von den Maya vorausgesagt, kommen wir in ein schöneres Zeitalter und der Weltuntergang ist abgesagt. 

Dienstag, 27. November 2012

gestalten Sie das Programm?

zu den freien, wirklich freien in Rundfunk und Fernsehen kristallisierte sich als wesentlicher Punkt die Frage der Programmgestaltung heraus. Dies wurde von der Rechtsprechung der BVerfG abgeleitet, die dem Rundfunk große Freiheiten gegenüber jenen Mitarbeitern einräumt, die das Programm gestalten, BVerfG, Beschluss vom 13.01.1982, 1 BvR 848/77 (über vier (!) Jahre Verfahrensdauer). 

Hauptsächlich betrifft dies Regisseure, Moderatoren, Kommentatoren, Wissenschaftler und Künstler, deren Tätigkeit dadurch gekennzeichnet ist, dass sie typischerweise ihre eigene Auffassung zu politischen, wirtschaftlichen, künstlerischen und anderen Sachfragen, ihre Fachkenntnisse und Informationen, ihre individuelle künstlerische Befähigung und Aussagekraft in die Sendungen einbringen. Bei diesen Rundfunkmitarbeitern steht der Einfluss auf den gedanklichen Inhalt der einzelnen Sendungen im Vordergrund im Sinne einer journalistisch-schöpferischen und künstlerischen Tätigkeit. Nicht zu den Programm gestaltenden Mitarbeitern gehören das betriebstechnische und das Verwaltungspersonal sowie diejenigen, die zwar bei der Verwirklichung des Programms mitwirken, aber keinen inhaltlichen Einfluss darauf haben. 

Das ist schon eine Weile her. Freiheit bedeutete hier, dass man schneller entlassen werden kann.

Auf andere Bereiche des Wirtschaftslebens übertragen könnte man sagen: wer wesentlich mitbestimmt wie das Produkt aussieht, ist selbständig, wer das nicht kann eben nicht. Das macht insofern Sinn als dies einer Art Weisungsfreiheit entspricht. Wegen der Rundfunkfreiheit nicht direkt übertragbar, aber die spielt ehrlich gesagt keine so große Rolle für den Status des Auftragnehmers.

als neuere Rechtsprechung: 

SG Berlin: Urteil vom 14.06.2012 - S 210 KR 536/09

ein Realisator ist programmgestaltend tätig

LSG Bayern: Urteil vom 08.11.2011 - L 5 R 858/09

 Die Tätigkeit eines Cutters/Editors kann sowohl selbstständig als auch in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt werden. Überwiegt die schöpferische Leistung, spricht dies für eine selbstständige Tätigkeit.


LAG Berlin-Brandenburg 08.02.2012 15 Sa 2287/11

1. Eine Cutterin, die überwiegend für ein regionales Nachrichtenmagazin beschäftigt wird, ist nicht programmgestaltend tätig.
2. Der Umstand, dass der Dienstplan erst aufgestellt wird, nachdem telefonisch die Dienstbereitschaft abgefragt wurde, steht der Annahme der Arbeitnehmereigenschaft nicht entgegen.


LAG Düsseldorf 04.05.2011 - 7 Sa 70/11

Eine Tourleiterin ist keine programmgestaltende Mitarbeiterin, die mit ihren individuellen Leistungen das künstlerische Konzept dem Publikum gegenüber repräsentiert.

 BAG: Urteil vom 20.05.2009 - 5 AZR 31/08

1. Die Einbindung in ein festes Programmschema und die Vorgabe eines Programmverlaufs wirkt bei programmgestaltenden Mitarbeitern nicht statusbegründend.

 2. Auch die Anwesenheit zu feststehenden Zeiten vor und nach der Sendung schließt ein freies Mitarbeiterverhältnis regelmäßig nicht aus. Das gilt ebenso für die notwendige Teilnahme an zeitlich festgelegten Redaktionskonferenzen.

3. Durch die Prüfung der Richtigkeit von Beiträgen nimmt eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt die ihr obliegenden Pflichten und zugleich das ihr als Dienst- oder Auftraggeberin zustehende Rügerecht wahr. Mit einer Kontrolle der Qualität seiner Arbeit muss auch der freie Mitarbeiter rechnen.

Montag, 26. November 2012

selbständige Buchhalterin

Das Sozialgericht München hatte im Juli in dem Verfahren S 30 R 1750/10 über eine selbständige Buchhalterin zu befinden, die für eine Steuerberaterkanzlei als freie Mitarbeiterin tätig war. Der Einsatzort lag dabei beim Mandanten wie auch teilweise in der Kanzlei. Eine Abrechnung gegenüber dem Mandanten gab es nicht.  

Ich muss gestehen, dass ich die Urteile dieser Kammer selten akzeptiere. Zu den Entscheidungsgründen hier: 

Die angefochtenen Bescheide halten der gerichtlichen Überprüfung stand. Von der Beklagten und vom Gericht zu beurteilen war lediglich die Tätigkeit der Beigeladenen für die Klägerin. Weitere berufliche Betätigungsfelder haben außer Betracht zu bleiben. In der modernen Arbeitswelt wird eine Diversifikation des Berufs- und Erwerbslebens immer alltäglicher. Klassische Selbstständige und Freiberufler wie Landwirte, Handwerksmeister, Rechtsanwälte oder Architekten setzen auf das „zweite Standbein“ einer Nebentätigkeit genauso wie Angestellte, Beamte oder Richter. Die zusätzlichen Erwerbsarbeiten werden je nach Umfang, Art und Wesen in versicherungspflichtiger Beschäftigung, auf der Basis einer Geringfügigkeit oder in selbstständiger Tätigkeit erbracht. Nebenberufliche Entfaltungen finden gleichermaßen statt in einer fachlichen Nähe zum Hauptberuf etwa bei der Lehr-, Vortrags- und Fachschriftstellertätigkeit des Juristen oder des Arztes oder aber auch fachfremd etwa beim sprichwörtlichen Taxijob des nicht ausgelasteten Rechtsanwalts, beim musikalischen Auftritt des Gymnasiallehrers oder bei der in Teilzeit tätigen Beamtin, die am Samstag Semmeln verkauft. Der skizzierten Vielfältigkeit beruflicher Tätigkeiten kommt eine gesellschaftliche Entwicklung entgegen, in der Werturteile über die Standesgemäßheit der einen oder anderen Arbeit an Bedeutung verlieren. Der Akademiker verliert nicht an Reputation, wenn er abends im Kino kassiert oder an der Bar einer Kneipe bedient. Eine selbstständige Tätigkeit kann genauso gut durch eine in Teilzeit ausgeübte abhängige Beschäftigung ergänzt werden wie umgekehrt eine abhängige Beschäftigung mit einer an arbeitsfreien Abenden und Wochenenden erbrachte selbstständige Tätigkeit kombiniert werden kann.
In einer solcher Art geprägten Arbeitswelt lässt sich zwanglos und widerspruchsfrei erkennen, dass die Beigeladene unbestritten und daher nicht beweispflichtig eine eigene steuerberatende Tätigkeit selbstständig, mit eigenen Geschäftsräumen und eigenem Kapitaleinsatz ausübt, jedoch daneben auch einer fachlich eng am Hauptberuf orientierten abhängigen Beschäftigung bei der Klägerin nachgeht. Ihr Beschäftigungsverhältnis ist gekennzeichnet durch eine stets gleichbleibende und wiederkehrende sehr konkrete Aufgabenstellung, eine problemlose zeitliche Messbarkeit des Arbeitsvolumens und demgemäß ein an Arbeitsstunden orientiertes festes Entgelt. Gerade eine von der Klägerin als etwas weniger qualifiziert bezeichnete von großer Routine gekennzeichnete Zuarbeit kann besonders gut an eine nicht zum Stammpersonal gehörende und nicht ständig in den Betriebsräumen anwesende Arbeitnehmerin delegiert werden. Die Einräumung einer sehr flexiblen Arbeitszeit ist heute absolut üblich. Für Büroarbeiten ohne unmittelbaren Kundenkontakt wird oft nicht einmal mehr die Einhaltung einer Kernzeit verlangt. Gleichermaßen ist auch die Möglichkeit oder sogar die Erwartung der teilweisen Verlagerung der Arbeit nachhause keine Besonderheit selbstständiger Tätigkeiten. Etwa für junge Mütter und Beschäftigte mit langen Anfahrwegen ist der in die Wohnung verlagerte Bildschirmarbeitsplatz alltäglich geworden.
Ein Vergleich mit dem Rundfunkmitarbeiter oder Filmproduzenten geht fehl. Solche publizistisch oder künstlerisch wirkenden Auftragnehmer betreuen in größter Souveränität ein Projekt oder ein Produkt und werden für das Endergebnis honoriert. Dabei spielt es keine Rolle, an welchen Arbeitsplätzen, mit welchen Hilfskräften, mit welchem Zeitaufwand und unter Heranziehung welcher sonstiger Ressourcen sie dieses Ergebnis zu Stande gebracht haben.
Vertragliche Beziehungen bestehen ausschließlich zwischen der Klägerin und der Beigeladenen, nicht jedoch zwischen der Beigeladenen und der Mandantschaft der Klägerin.
Zutreffend hat die Beklagte auch erläutert, dass ein Ausschluss von Urlaubs- und Entgeltfortzahlungsansprüchen kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist. Ganz im Gegenteil hat die Klägerin vorliegend ihrer Arbeitnehmerin rechtswidrig solche Ansprüche verweigert. An der für das abhängige Beschäftigungsverhältnis typischen persönlichen Abhängigkeit besteht vorliegend kein Zweifel, weil es die Hälfte der gesamten Berufstätigkeit der Beigeladenen ausmacht. Aber auch bei einem geringeren Umfang wäre eine bedeutsame Funktion für die Lebenshaltung der Beigeladenen anzuerkennen. Die Besonderheiten einer nur punktuell geforderten Arbeit von insgesamt belanglosem Umfang etwa beim gelegentlichen Schneeräumen oder Rasenmähen durch den Sohn der Nachbarn sind vorliegend nicht zu erörtern.

Versuche am Arbeitsgericht

Wenn man als Unternehmer nichts zu Wege bringt, die Leistung unter aller Kanone und nicht abnahmefähig ist, versucht man es am Arbeitsgericht. Da ist man auch besser aufgehoben, wenn es um Haftungsfragen geht. Einfach ein Arbeitsverhältnis behaupten, jedenfalls war ja gar nicht selbständig oder irgendwann wurde mal irgendwie über einen Arbeitsvertrag gesprochen - und schwupps ist man da. Kleiner Vorteil: der Versuch kostet nichts, denn die Kosten beim Arbeitsgericht sind niedrig und den "Arbeitgeber" muss man nicht bezahlen. 

Denkt so mancher. 

Bei aller Dreistigkeit: Rechnungen mit Umsatzsteuer einklagen und Kostenersatz für Versicherungen, das geht dann doch etwas weit. Mal sehen, ich hoffe, den Gütetermin schenken wir uns und verweisen die Unternehmer-Katastrophe gleich an das Amtsgericht.

Donnerstag, 22. November 2012

selbständige Werbung bei unselbständigen Arbeitnehmern

wenn Sepp Brot backt und nebenher Werbung macht, die Zeitung austrägt und Versicherungen vertreibt und das alles irgendwie für den selben Auftraggeber, stellt sich die Frage, ob das alles beschäftigt oder manches selbständig ist. 

Für die Höhe nachzuzahlender Beiträge können sich erhebliche Vor- oder Nachteile ergeben. 

Das sieht auch das BSG. Nebenher lernt man einiges über Krankenkassen. Wie es mit der Teilung funktioniert, lässt sich allenfalls ahnen: 

Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung des LSG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG. Zwar bedurfte es wegen der Beitragsforderung durch einen Summenbescheid keiner notwendigen Beiladung von Arbeitnehmern, jedoch müssen ggf noch betroffene Fremdversicherungsträger notwendig beigeladen werden. Der Senat kann zudem nicht abschließend beurteilen, ob die von 1998 bis 2001 an Innendienstmitarbeiter gezahlten "Aufwandsentschädigungen" für die Werbung neuer Krankenkassenmitglieder als Arbeitsentgelt iS von § 14 SGB IV der Beitragsbemessung unterliegen, ob es sich also um "Einnahmen aus einer Beschäftigung" handelt. Eine Beitragspflicht folgt nicht bereits aus der bisherigen BSG-Rechtsprechung (BSG SozR 2200 § 165 Nr 95 - Vergütung an Zeitungsausträger für die Werbung von Abonnenten); die Mitgliederwerbung war nämlich keine arbeitsvertragliche Pflicht und der "Aufwand" ging über die Weitergabe von Beitrittswünschen hinaus. Hier könnte jedoch ein "einheitliches Beschäftigungsverhältnis" vorliegen, bei dem die selbstständige Tätigkeit als Teil der Beschäftigung gilt, weil sie auf Nutzung der aus der Beschäftigung gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen beruht und ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Zuwendung und Beschäftigung besteht. Dieser würde vorliegend fehlen, wenn "Aufwandsentschädigungen" zu denselben Bedingungen auch an nicht bei der Klägerin beschäftigte Personen gezahlt wurden und Innendienstmitarbeiter aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Klägerin keine wesentlichen Vorteile bei der Mitgliederwerbung hatten. Ob das der Fall war, lässt sich anhand der bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen.

SG Hannover - S 13 RJ 687/04 -
LSG Niedersachsen-Bremen - L 1 R 183/09 -
Bundessozialgericht - B 12 R 1/11 R -


Mittwoch, 21. November 2012

der Steuerberater vor und im Sozialgericht

In Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV tauchen immer wieder Steuerberater auf. Auch in Widerspruchsverfahren, in Beitragsfragen und bei allen Statusfragen. Manche reichen sogar Klagen beim Sozialgericht ein. (hier mal nebenbei: ich BIN dazu berechtigt, jede nur denkbare Steuererklärung auszufüllen und umfassend zu beraten, selbst für Konzerne - tue es aber nicht)

Schmerzfrei und angstfrei.

Das SG Aachen hat 2009 noch zum Stand des alten Rechtsberatungsgesetzes entschieden, dass einer Vertretung durch Steuerberater nicht möglich ist. Der Zusammenhang im § 5 RDG mag etwas weiter sein, ich habe aber trotzdem Zweifel, ob eine Vertretung zulässig ist. 

Ich weiß auch nicht was das soll und würde dringend abraten. So wie der Schuster wäre es schön wenn jeder sein Ding macht. Für lau nebenher kann man das nicht mal eben in 10 Minuten nebenher machen und wenn dafür bezahlt wird, wird Leistung erwartet. Und die besteht nicht darin, möglichst viel Papier zu füllen.

Deshalb mache ich auch keine Steuererklärung für Mandanten und lasse mir vom Friseur auch nicht die Zähne machen.

Falls Sie einen lustigen Nachmittag haben wollen, geben Sie einfach "Rechtsberatungsgesetz" bei google ein. Wenn Sie wollen, fügen Sie noch "Nazis", "Monopol" oder Begriffe wie "Abzocke" dazu.

Donnerstag, 8. November 2012

selbständiger Tontechniker







freie und unfreie Mitarbeiter

Personalreserve nannte man früher eine Planung des Personalmanagements, in der berücksichtigt wurde, dass Mitarbeiter krank werden oder in Urlaub gehen oder schwanger werden. 

Das ist inzwischen ein wenig aus der Mode gekommen. Man plant lieber just-in-time: der Mitarbeiter der fehlt wird irgendwie ersetzt. Etwa durch Mehrarbeit der Kollegen. In Zeiten ständiger "Arbeitsverdichtung" ist das allerdings kaum noch denkbar. Die Tage bis zum nächsten kranken Kollegen kann man zählen. (burn-out ist keine Mode)

Diese Art des Chaos der bewussten Personalplanung wird häufig durch Personaldienstleister aufgefangen. Da Personaldienstleister einen Aufschlag verlangen, der mitunter weh tut, sind frei Mitarbeiter das Mittel der Wahl. Mitunter heißen diese "Rechnungssteller" oder "Springer" oder wie auch immer. Nebenbei: Springer waren irgendwann fest angestellte Mitarbeiter. 

Ich sehe durchaus ein, dass es viel praktischer ist, Ersatzpersonal locker über "Fremdarbeiten" zu buchen ohne eine Gehaltsabrechnung zu erstellen. Das heißt aber nicht, dass dies korrekt wäre. Ich finde Fahrtenbücher auch lästig, aber die pauschale gefällt mir auch nicht. 

Zwei Dinge muss man dabei unterscheiden: nicht jeder Unternehmer, der potentielles Personal ersetzt, ist ein Scheinselbständiger. Ich unterscheide dabei nach der Funktion. Wer nur zeitlich ersetzt, wird auch dem Weisungsrecht unterstehen - von Ausnahmen lasse ich mich gerne überzeugen. Ein Spezialist, der eine Arbeit verrichtet, die ihrer Funktion einen außerhalb der Mitarbeiter liegenden Bereich abdeckt, ist auch dann selbständig, wenn er z.B. vorübergehend in der Organisation des Auftraggebers tätig ist. Dies gilt zum Beispiel für IT-Berater, Handwerker, Buchhaltungbüros und ähnliches. Entscheidend ist dabei, dass derjenige eine Leistung anbietet, die der Auftraggeber gar nicht vorhält.

Samstag, 3. November 2012

scheinselbständig im Bundestag

Spiegel online und diverse andere zitieren heute die Empörung über den Bundestag. Der hatte bis Ende 2009 freie Mitarbeiter / Besucherführer als Unternehmer geführt statt diese als Mitarbeiter anzumelden. Bemerkenswert an dem Urteil ist das von der Kammer geäußerte Unverständnis, ein Gericht zu bemühen, auch angesichts des finanziellen Aufwands. Da ist man durchaus erleichtert, das Gerichte immer alles richtig machen. Manchmal ist die höhere Instanz auch anderer Ansicht.

Nun fragen Sie bitte nicht wer Recht hat. Im Zweifel das LSG.

Ein Totschlagargument des Sozialgerichts Berlin: wirtschaftliches Risiko. Dazu auch hier. Damit bekommt man alles klein. Man muss es nur irgendwie nachvollziehbar begründen und alles andere als nebensächlich darstellen.

Zu diesem Thema wird sich die Rechtsprechung ändern. Irgendwann, wenn man auch in Gerichten begreift, dass manche Dienstleistung völlig virtuell erbracht werden kann und das einzusetzende Kapital sehr überschaubar ist.

Ein kleiner Hinweis an alle Auftraggeber zu den Allianzen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer aus diesem Fall:

Tatsächlich lässt der Besucherdienst des Bundestags seine Besuchergruppen seit November 2009 nur noch von Festangestellten betreuen. Einen Monat zuvor war der Rahmenvertrag der Studentin ausgelaufen. Im Sommer 2009 hatte sie bei der Rentenversicherung die Prüfung ihres Status beantragt.
Auch hier gilt der Grundsatz, dass die Probleme oft erst auftauchen, wenn das Vertragsverhältnis seinem Ende zugeht. Warum sollte man dann noch Teil der Gemeinschaft bleiben, die einen nicht mehr füttert. 

Dienstag, 23. Oktober 2012

selbständige Busfahrer

dem Kollegen Fehlberg verdanke ich eine Entscheidung des SG Dresden zu selbständigen Busfahrern vom Agust 2012, die (noch) nicht in sozialgerichtsbarkeit.de veröffentlicht ist.In der Praxis werden selbständige Aushilfen immer beliebter, da diese einfach abzurechnen sind (und die Kosten mangels Meldungen geringer sind).

Kernpunkte:
Die Busfahrer trugen vielmehr mangels eigener Betriebsmittel kein unternehmerisches Risiko. Sie waren weder in unternehmerische Entscheidungen eingebunden noch über das fest vereinbarte Entgelt hinaus am Gewinn des Unternehmens beteiligt.
Eine Idee am Rande wäre es, wenigstens in einem von mir an sich verhassten Rahmenvertrag 50 Höchsteinsatztage zu vereinbaren und damit die anschließenden Sozialversicherungs-beiträge zu dämpfen.

Sonntag, 21. Oktober 2012

Erwerbsunfähigkeitsrente bei Selbständigen

wie so oft hat auch der zwangshafte Rentenversicherungsbeitrag bei Selbständigen eine zweite Seite. Mit Beitragszeiten bekommt man Renten, ohne Beitragszeiten nicht. Der Versicherungsvertretersatz "da bekommt man eh nichts" kann im Falle von Erwerbsunfähigkeit eine ganz neue Bedeutung bekommen. 

Nichts ist es bekanntlich nicht und mehr als nichts ist immer besser als gar nichts. Manchmal fehlen Beitragszeiten, denn innerhalb der fünf Jahre vor dem Versicherungsfall muss es drei Jahre mit Pflichtversicherungszeiten gegeben haben. 

in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben

Wenn der Selbständige nun "unglücklicherweise" noch Beiträge zahlen muss - als Lehrer oder z.B. Ein-Auftraggeber-Selbständiger, dann kann dies bedeuten, noch gerade einmal in die Rente zu rutschen. Im Falle einer Erwerbsunfähigkeit kann es sich lohnen, die Tätigkeit zu besehen und sich Gedanken zur Anzahl der Auftraggeber zu machen. Und sich anschließend zu outen. Besser etwas nachzahlen und anschließend Rente als gar nichts.

Nebenbei bleibt die Hoffnung, dass für Unfälle wenigstens die freiwillige Mitgliedschaft in der Berufsgenossenschaft besteht und der Unternehmer gerade auf dem Weg zum Kunden war. 

Rente?

Auch Selbständige können rentenversicherungspflichtig sein. Das hat nichts mit "Scheinselbständigkeit" zu tun, sondern mit Selbständigkeit. Besonders übel übel wird dies, wenn man nach gut vier Jahren Dauertätigkeit nachzahlen muss und bei der Rentenversicherung mit 25.000 € in der Kreide steht. 

Befreiungsmöglichkeiten gibt es, allerdings wirkt die Befreiung nicht automatisch und auch wenig rückwirkend: 

Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an.

Oder anders: für Selbständige mit nur einem Auftraggeber, die unter 58 sind, ist eine Befreiung nach drei Jahren sinnlos, denn rückwirkend auf den Beginn der Tätigkeit geht nun nichts mehr. 

Regelungen zu geringeren Beiträgen in den ersten drei Jahren und in schlechten Zeiten enthält das Rentenrecht in § 165 SGB VI.

Freitag, 12. Oktober 2012

freie Mitarbeit im Internet

Manchmal bin ich planlos im Internet unterwegs um zu gucken was andere so machen. Dann gebe ich - wie andere offentsichtlich auch - bei google "Scheinselbständig+freier Mitarbeiter" ein und lasse den Dingen ihren Lauf. Mal sehen, was andere so schreiben und machen. 

Häufig tauchen dann Foren auf, in denen "gast" einem "anonym" schreibt, zu was er so raten würde. Ich sage mal: mutig, sich so zu informieren. Für die Buchführung bezahlt man dann einen Steuerberater, das kann man sich scheinbar nicht beibringen. Hier aus einem dieser Foren ein Verweis auf eine kompetente Quelle, die IHK Frankfurt. Ich liebe Informationen aus dem Internet. Motto: Man nehme einen Arbeitsvertrag und konstruiere ihn um. 

Hin und wieder ist es besser, mit einem weißen Blatt Papier anzufangen. Aber auch Sozialrechtler brauchen Beschäftigung. 

Ich gebe zu: es ist einfacher etwas schlecht zu machen als kurz aufzuführen was man statt dessen tun soll. Vereinfacht: jede Situation ist anders und sollte sich an den Gegebenheiten orientieren. Anschließend ergeben sich Handlungsempfehlungen. Hier nur einige Highlights des Werkes aus Frankfurt (falls die Ironie nicht erkennbar ist, benutzen Sie bitte die Kommentarfunktion):
- fachliche und zeitliche Vorgaben (sowas nennt man "Weisung") 
- nur wenn zur Vertragsdurchführung erforderlich (diese Einschränkung überzeugt)
- betriebliche Mittel werden gestellt
- Abrechnugen auf Stundensatz, Konto ist innerhalb von 14 Tagen zu nennen
- Fortbildungspflicht
- Wettbewerbsklausel
- Vertragsdauer
- ...

Besonders gut gefällt mir § 11. Ein schönes Teil. Ich wünsche den Verwendern viel Glück mit diesem Vertrag und der Durchführung, rate aber, Rückstellungen in Höhe von 41 % der Honorare zu bilden.

Mittwoch, 10. Oktober 2012

freie Masseure

freie Mitarbeiter sind etwas schönes. sie ernten nur was sie gesäht haben. Das dachte sich auch ein Wohlfühlbad aus Oberbayern und ging Verträge mit selbständigen Masseuren ein, die teilweise allein dort, teilweise anderweitig tätig waren. Ein Eilverfahren wegen der Beitragsforderung hatte nur partiell Erfolg und zeigt wie schwierig Vertragsgestaltungen mit Subunternehmern sind, die im eigenen Haus tätig werden. Das Hauptverfahren bleibt abzuwarten. Folgend die Ansicht des bayerischen LSG, ganz unten das Totschlagargument.

Aus den Prüfungsakten der Antragsgegnerin, aus den vorgelegten Dokumenten der Antragstellerin sowie aus den Gerichtsakten ergeben sich folgende gewichtige Anhaltspunkte für eine abhängige Beschäftigung:
- Die Masseure sind im Gebäude der Antragstellerin, der T. A-Stadt tätig,
- sie benutzen dort Räumlichkeiten, die die Antragstellerin betreibt und bereitstellt,
- sie erbringen Leistungen, die dem Geschäftszweck der Antragstellerin entsprechen, nämlich Betreiben eines Heilbades unter gesundheitsfördernden Gesichtspunkten,
- die Massagekunden erwerben und bezahlen über das Kassensystem der T. A-Stadt die gesundheitsfördernden Leistungen der Masseure,
- nach Außen, insbesondere für die Massagekunden, ist eine selbstständige Leistungserbringung durch einen eigenständigen Vertragspartner nicht erkennbar,
- die Leistungserbringung erfolgt mit Hilfe von Massagemitteln und Massageeinrichtungen der Antragstellerin,
- für die Massagekunden ist ein wesentlicher Unterschied zwischen der Leistungserbringung durch fest angestellte und durch frei mitarbeitende Masseure nicht erkennbar.

Dabei wird nicht übersehen, dass auch Gesichtspunkte für eine selbstständige Tätigkeit der betroffenen Masseure sprechen:
- Diese sind für mehrere Auftraggeber tätig,
- sie treten selbstwerbend insbesondere durch eigene Homepages auf dem Markt auf,
- sie erhalten eine andere Bezahlung als die festangestellten Arbeitnehmer,
- sie benutzen zum Teil auch eigene Aromaöle oder Dekorationen der Räumlichkeiten,
- die Finanzbehörden sehen in Anwendung der Abgrenzungskriterien des Steuerrechts, die mit den vorliegenden Abgrenzungskriterien des Sozialrechts identisch sind (vgl. § 2 Abs 1, § 19 Abs 1 EStG, § 1 Abs 1, 3 LStDV), eine freie Mitarbeit,
- die Masseure sind nicht zur Leistungserbringung gegenüber bestimmten Kunden der Antragstellerin verpflichtet.

Diese Kriterien treten jedoch in der Gewichtung gegenüber den erstgenannten Kriterien zurück. Dies gilt umso mehr, als die tatsächliche Tätigkeit der Masseure einer regelmäßigen Leistungserbringung in einem arbeitnehmertypischen Zeitrahmen entspricht; dies zeigen vor allem die Vergütungsabrechnungen.

Mittwoch, 25. Juli 2012

Telefonseelsorge

ehrenamtlich heißt nicht unbedingt ohne Regeln. Und ehrenamtlich heißt nicht unbedingt, kein Arbeitnehmer zu sein. Die Klägerin war ehrenamtlich in der Telefonseelsorge tätig und wurde mit sofortiger Wirkung von ihren Pflichten entbunden.

Die Regeln und das Entbinden führten zu einem Verfahren vor dem BAG, das Ende August in die letzte Runde geht. Interessant sind dabei die Anträge der Klägerin, die in der Vorinstanz die (kostenlose) Weiterbeschäftigung eingeklagt hatte (10 Monatsstunden für - und nicht etwa à - 30 €). Das LAG in Sachsen hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Lesenswert sind die Regeln.

Da die Klägerin angesichts des fast nicht vorhandenen Gehalts nicht einfach Frieden gibt, muss es um etwas sehr persönliches gehen. 

Terminsvorschau 


Die Parteien streiten im Rahmen einer Kündigungsschutzklage darüber, ob die Klägerin als Telefonseelsorgerin Arbeitnehmerin war.

Der Beklagte ist Träger einer örtlichen Telefonseelsorge. Er beschäftigte im Jahr 2009 53 ehrenamtliche Mitarbeiter. Für die Ausübung der Telefonseelsorge unterhält er eine Drei-Zimmer-Wohnung, deren Anschrift von den Mitarbeitern geheimzuhalten ist. In dieser Wohnung befinden sich ein Dienstraum mit der technischen Ausstattung zur Entgegennahme der Telefongespräche, ein Büroraum für die hauptamtlichen Mitarbeiter und ein Gruppenraum für die Supervisionsgruppe. Die Mitarbeiter des Beklagten sind verpflichtet, die Telefonseelsorge in diesen Räumlichkeiten auszuüben. Die Möglichkeit einer Rufumleitung auf einen privaten Telefonanschluss besteht nicht. Für die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Beklagten gilt eine Dienstordnung, nach der eine regelmäßige Beteiligung der Mitarbeiter erwartet wird. Bei einer Verhinderung ist der Mitarbeiter verpflichtet, für Ersatz zu sorgen. Zum Dienstumfang gehört die monatliche Teilnahme an der Fallbesprechung in der Kleingruppe und die Pflicht zur Dokumentation der Anrufe nach einem vorgegebenen Raster. Die Dienstordnung enthält zudem Hinweise zum Umgang mit besonderen Anrufern. Im Vormonat legt der Beklagte Dienstpläne für den Folgemonat aus, in die sich die ehrenamtlichen Mitarbeiter eintragen. Die Klägerin war auf der Grundlage von schriftlichen "Beauftragungen" seit dem 26. April 2002 als ehreamtliche Telefonseelsorgerin im Umfang von zehn Stunden im Monat für den Beklagten tätig. Am 22. Januar 2010 entband Herr D. die Klägerin mündlich von ihrem Dienst.

Die Klägerin meint, sie habe ihre vertraglichen Leistungen in persönlicher Abhängigkeit erbracht. Sie sei auch zu festen Arbeitszeiten verpflichtet gewesen. Der Inhalt der Tätigkeit sei durch die Dienstordnung und den Leitfaden zwingend und detailliert geregelt gewesen. Der Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe ihre Tätigkeit und ihre Arbeitszeit frei gestalten können.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter.

Sächsisches LAG,
Urteil vom 20. Mai 2011 - 3 Sa 579/10 -

Montag, 23. Juli 2012

der selbständige Lehrer an der Ganztagsschule

Interessant ist es schon, auf was Bundesländer so alles kommen. Niedersachsen zum beispiel. Erdverwachsen. Arbeitsrecht und Sozialversicherung? Ist doch eher für Unternehmer. 

Statt dessen nimmt man sich Unternehmer. Oder eben Honorarkräfte. Nur nebenbei, liebe "Honorarkräfte": Auch Selbständige bezahlen teilweise Rente. Nach § 2 SGB VI, gleich oben die Nummer 1. Ob Niedersachsen die Arbeits- und Sozialgerichte nun um Honorarkräfte ergänzt? So einen Sitzungstag pro Woche könnte ich unterbringen.

RUF
MICH
AN
!

Mittwoch, 13. Juni 2012

selbständiger LKW-Fahrer

Frachtführer nennt man das üblicherweise. Verzwickt wird die Sache immer, wenn kein eigenes "Gerät" eingesetzt wird. So eine Entscheidung des bayerischen LSG vom 9. Mai

Wesentliche Punkte sollten demnach sein: 

a)In Würdigung der dokumentierten Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) eine abhängige Beschäftigung sprechen folgende gewichtige Tatsachen:
- Der Kläger hat dem Beigeladenen zu 1) für die insgesamt vier durchgeführten Fahrten das wesentliche Arbeitsmittel gestellt, nämlich den auf das Unternehmen des Klägers zugelassenen und für dieses versicherten Lkw,
- Der Kläger hat die für den Betrieb dieses wesentlichen Arbeitsmittels notwendigen Betriebsstoffe wie Kraftstoff, Schmiermittel allein getragen,
- der Kläger hat die Kosten von Unterhalt und Wartung des LKW allein übernommen.
- der Beigeladene zu 1) ist in allen vier Fällen Routen gefahren, die der Kläger ihm nach Kundenaufträge des Klägers vorgegeben hatte,
- die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1), also die Ausführung der Fahrten, hat sich von der Tätigkeit der angestellten Fahrer des Klägers nicht wesentlich unterschieden und
- der Beigeladene zu 1) ist nach Außen ebenso wenig als Selbstständiger aufgetreten, wie die Fahrer des Klägers.

Zwar hat der Kläger ursprünglich geltend gemacht, dass die Lkw-Nutzungskosten in die Vergütung für die Fahrten mit einkalkuliert gewesen sei. Hierfür lassen sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte finden, es ist nicht nachvollziehbar, ob oder in welchem Umfange Anschaffungs- und Betriebsausgaben des Klägers auf den Beigeladenen zu 1) im Verhältnis zu den ihm zuzuschreibenden Laufleistungen in irgendeiner rechnerischen Form einbezogen worden wären. Darüber hinaus hat der Beigeladene zu 1) im Ermittlungsverfahren glaubhaft angegeben, dass sich seine Vergütung an dem Lohn orientiert hatte, die die angestellten Fahrer des Klägers für entsprechende Fernfahrten erhalten hätten.

b)Demgegenüber sind im Falle der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) zwar auch Elemente zu erkennen, die für eine Selbstständigkeit der Fahrertätigkeit sprechen, wie der Kläger in der Berufung zu Recht geltend macht. Dies sind
- das nicht vollständige in Anspruchnehmen der Arbeitskraft des Klägers,
- das nur fallweise Tätigwerden,
- die - wenn auch in geringem Maße - andere Vergütung als die der angestellten Fahrer,
- die Haftung für unrechtmäßiges Verhalten sowie
- das Fehlen der Entgeltfortzahlung im Urlaubs- und im Krankheitsfalle und
- die Anmeldung eines eigenen Transportgewerbe angemeldet und die Zulassung als Transportunternehmer.

Diese Gesichtspunkte treten jedoch in Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung hinter den erstgenannten Merkmalen der abhängigen Beschäftigung zurück.

Mittwoch, 16. Mai 2012

wirtschaftliches Risiko / Betriebsmittel

bei der Bewertung nach § 7 SGB IV spielt die Frage des wirtschaftlichen Risikos eine immer größere Rolle. Dieser Zusammenhang wird aber überschätzt und falsch intepretiert. Insbesondere führt das wirtschaftliche Risiko in der Konsequenz nicht dazu, dass es keine Selbständigen Dienstleister mehr gibt. 
Dazu das LSG Berlin-Brandenburg aus dem Jahre 2009:
 Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Argument des weitgehenden Fehlens eines Unternehmerrisikos mangels Kapitaleinsatzes kein durchschlagendes Argument für abhängige Beschäftigung. Nicht jedes fehlen eigener Produktionsmittel ("Equipment") lässt eine Tätigkeit als abhängig erscheinen. Der Kläger und die Beigeladene zu 2) haben zutreffend auf die Besonderheiten speziell bei der Übertragung von Fernsehsendungen hingewiesen. Um Kompatibilitätsprobleme zu vermeiden, stellt der Auftraggeber die wesentliche Technik selbst zur Verfügung. Es gibt jedoch auch in anderen Wirtschaftsbereichen, Konstellationen in welchem dieses Kriterium zurücktritt hinter das der Inanspruchnahme fachspezifischer Kompetenz. Als Beispiele mögen die Dienst- bzw. Werkleistungen des Lotsen (vgl. § 13 Abs. 1 SGB IV und speziell für die Abgrenzung der so genannten freien Beruf wie Rechtsanwalt und Seelotse nur gegenüber dem Gewerberecht: Bayerisches LSG, Urteil vom 14. Dezember 2001 - L 4 KR 147/99 -), des Partyausrichters, des Einkauf- bzw. Stylingberaters, des Werkskantinenbetreibers und des so genannten Mietkochs dienen. Diese Freiberufler bzw. Gewerbetreibenden bedienen sich ausschließlich oder überwiegend der Einrichtungen der Auftraggeber.
Für eine selbständige Tätigkeit spricht im konkreten Fall, dass ein Großteil der Auftragstätigkeiten entgegen der Auffassung der Beklagten - und teilweise auch des Sozialgerichts - durchaus als produktionsgestaltend im Sinne der oben skizzierten Abgrenzung anzusehen sind und nicht lediglich als Mitarbeit. Soweit der Kläger eigenständig Bilder auswählt, übernimmt er die Tätigkeit eines Regisseurs, auch wenn nicht er sondern die Bildregie entscheidet, ob eine Zeitlupenwiederholung gesendet wird. Gerade bei Sportübertragungen spielt die Auswahl der Kameraposition für die Zeitlupenwiederholung eine nicht unbedeutende Bedeutung, was dem Senat aus eigener Anschauung bekannt ist und er als offenkundig ansieht. Für den Bereich der Tonwiedergabe ist auch das Sozialgericht zutreffend von der gestaltenden Tätigkeit eines (Ton-)Regisseurs ausgegangen.
Für ein gewisses Unternehmerrisiko auch ohne Kapitaleinsatz spricht, dass zur Überzeugung des Senats im Einzelnen Auftragsverhältnisse zwischen der Beigeladenen zu 2) und dem Kläger Werkverträge und nicht Dienstverträge sind. Der Kläger schuldet nicht (nur) die Leistungen seiner fachspezifischen und gestaltenden Dienste. Er schuldet vielmehr den tatsächlichen Erfolg der "Lieferung" des sendefähigen Materials.

Mittwoch, 2. Mai 2012

ein Auftraggeber - Konzern

surfen macht schlau. Und man stößt immer wieder auf alte Entscheidungen zu wesentlichen Fragen. Das BSG hat sich 2011 mit der Frage beschäftigt, wann eine Rentenversicherungspflicht im Falle eines Auftraggebers gegeben ist, wenn es sich um beim Auftraggeber um einen Konzern handelt (§ 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI). Eine typische Konstellation dürfte dabei der Versicherungsmakler / Vertreter sein.

Unter teleologischen Gesichtspunkten ist es notwendig, wenn dieser Versicherungspflichttatbestand auch auf Selbstständige angewandt wird, die (vertragliche) Beziehungen zu mehreren, rechtlich selbstständigen, aber iS des § 18 AktG unter einheitlicher Leitung zusammengefassten (Konzern)Unternehmen unterhalten. Steht der Selbstständige als Vertragspartner einer solchen (aktien)konzernrechtlich relevanten Verbindung rechtlich eigenständiger Unternehmen gegenüber, die durch eine die Interessen der einzelnen (zusammengefassten) Unternehmen überlagernde Willensbildung geprägt ist (vgl - beruhend auf dem gesetzgeberischen Gedanken, Einfluss auf den Prozess der Unternehmenskonzentration zu nehmen - zu Autonomieverlust und Abhängigkeit als zentralen Ansatzpunkten für das Recht der verbundenen Unternehmen - zB K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl 2002, § 17 II., S 491 ff; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 9. Aufl 2008, S 8 ff; Kraft/Kreutz, Gesellschaftsrecht, 11. Aufl 2000, S 66 f), so besteht letztlich im Kern eine Situation, wie sie der Gesetzgeber für die Einbeziehung von selbstständig Tätigen mit nur einem Auftraggeber in die Rentenversicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI zum Anlass genommen hat. Im Hinblick darauf, dass in einem Konzern iS von § 18 AktG wesentliche unternehmerische Leitungsfunktionen in zentralen Bereichen der unternehmerischen Tätigkeit, aber auch darüber hinaus einheitlich bzw koordiniert wahrgenommen werden, besteht für den Selbstständigen hier nämlich in ähnlicher Weise wie bei der Tätigkeit für nur ein einziges Unternehmen ein spezifisches Abhängigkeitsverhältnis, das sich typischerweise in einem Schutzbedürfnis niederschlägt, an das § 2 S 1 Nr 9 SGB VI anknüpft.

Interessant ist dabei auch das Prüfungsschema, das die Prüfung der Selbständigkeit einschließt, oder umgekehrt: ein bereits befreiter Auftraggeber muss demnach selbständig sein. Für diese Art der Aufträge zumindest.

Dienstag, 1. Mai 2012

weiter gebracht

hat mich der Terminsbericht des BSG zu den Familienhelfer. Bezüglich des bayerischen LSG wusste man es in Kassel besser: könnte eventuell, wenn man sich ein Detail genauer angesehen hätte. Aha. Und wie dann? So ganz nebenbei: an dieser nicht aufgelösten Spitzfindigkeit hängen Existenzen. Meine Mandanten bekommen keine Aufträge bis dieses Thema gelöst ist. Aber das macht nichts. Beim BSG verweist man zurück und dann machen wir das selbe Thema in zwei Jahren wieder. Warum auch nicht?


4. B 12 KR 14/10 R
SG München - S 3 KR 439/05
LSG München - L 4 KR 68/08
und
5. B 12 KR 24/10 R
SG Berlin - S 73 KR 715/05
LSG Berlin-Brandenburg - L 9 KR 232/07
Die Revisionen der beigeladenen DRV Bund (im Fall 4) bzw. der beklagten AOK (im Fall 5) waren im Sinne der Aufhebung der LSG-Urteile und Zurückverweisung der jeweiligen Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanzen erfolgreich. Die bislang getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe eingesetzten – jeweils beigeladenen – Familienhelfer in den streitigen Zeiträumen der Versicherungspflicht als Beschäftigte in den Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung unterlagen. Beide Landesozialgerichte haben die für die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe zwar zutreffend zum Ausgangspunkt ihrer Urteile genommen (vgl. dazu zuletzt BSG, Urt. v. 28.09.2011 - B 12 KR 17/09 R – hauswirtschaftliche Familienhelfer eines privaten Pflegedienstes). Zu Recht haben beide Berufungsgerichte auch – gegen die Ansicht der Revisionsführer – angenommen, dass allein die allgemeine jugendhilferechtliche Gesamtverantwortung eines Jugendhilfeträgers nach dem SGB VIII nicht schon für sich genommen dazu führt, ohne Weiteres i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV Weisungsrechte des Trägers gegenüber den einzelnen Familienhelfern nach der Art derjenigen eines Arbeitgebers zu bejahen. Das SGB VIII trifft keine expliziten Aussagen darüber, in welchen arbeits- und sozialrechtlichen Verhältnissen Familienhelfer stehen, die der Jugendhilfeträger im Rahmen dieser Verantwortung einsetzt (vgl. schon BAG, Urt. v. 25.05.2005 - 5 AZR 347/04 - BAGE 115, 1 unter Aufgabe entgegenstehender Rechtsprechung in BAGE 88, 327). Beide Landesozialgerichte haben zudem vielfältige für und gegen Beschäftigung bzw. Selbstständigkeit sprechende Umstände herangezogen und diese in einer Gesamtschau gewürdigt. Diese Gesamtschau ist indessen in beiden Fällen rechtsfehlerhaft. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt nämlich voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und dann nachvollziehbar gegeneinander abgewogen werden. Daran fehlt es jeweils.
Im Fall des klagenden bayerischen Landkreises hat das Landessozialgericht nicht hinreichend in den Blick genommen und daher nicht korrekt in seine Gesamtabwägung eingestellt, dass engmaschige Teambesprechungen mit den Familienhelfern stattfanden, nämlich in ca. zweiwöchigem Rhythmus in Räumlichkeiten des Klägers und von einem Sozialarbeiter des Kreises geleitet. Obwohl diese Veranstaltungen formal als "freiwillig" und Fortbildung als "erwünscht" deklariert wurden, wurde im Rechtsstreit Inhalt und Konsequenzen dieser Besprechungen nicht hinreichend nachgegangen. Es könnte sich dabei um Zusammenkünfte gehandelt haben, die über die bloße Information für Abrechnungszwecke oder über die Vorbereitung behördlicher Entscheidungen über die Fortgewährung von Jugendhilfeleistungen hinausgingen: Die Teilnahme wurde den Familienhelfern vergütet, auch ist insoweit von "Erfahrungsaustausch" und "Beratung", aber auch von "Qualitätssicherung" die Rede. Gerade aus einer näheren Betrachtung dieser Veranstaltungen könnten noch bedeutsame Erkenntnisse folgen, die in eine Gesamtabwägung eingehen müssen, insbesondere was die Eingliederung in eine fremde Betriebsorganisation und die Ausübung von Weisungsrechten anbelangt. Es fehlen auch genauere Feststellungen hinsichtlich der Rückkopplung mit dem Kläger und dazu, ob höchstpersönliche Leistungspflichten und Vertretungsregelungen bestanden. Zu prüfen ist weiter, ob aus den Umständen nicht sogar ein kontinuierlich praktiziertes, den jeweiligen Fall einer Familienbetreuung übergreifendes Rechtsverhältnis (z.B. eine Rahmenvereinbarung) herzuleiten ist, das für eine Beschäftigung sprechen könnte. Aus diesen – und weiteren – Umständen könnte sich dann ggf. ein anderes Gesamtbild ergeben als vom Landessozialgericht in seinem Urteil zugrunde gelegt. 
Im Fall des Landes Berlin fehlen hinreichende Feststellungen des Landessozialgerichts dazu, unter welchen rechtlichen Vorgaben die Familienhelfer dort überhaupt tätig wurden. Obwohl vom Kläger nach außen hin formal Selbstständigkeit gewollt war, könnten Umstände darauf hindeuten, dass trotz der gewählten rechtlichen Konstruktion (nur Bewilligungsbescheid gegenüber dem jugendhilferechtlich Berechtigten, Betonung, dass "keinerlei Rechtsbeziehungen" des Familienhelfers zum Land Berlin bestünden) eine Beschäftigung vorlag. Von Bedeutung könnte in diesem Zusammenhang z.B. die Gewährung an sich typischer Arbeitgeberleistungen des Landes an die Beigeladene zu 1. sein, nämlich einer "Urlaubsabgeltung" (was gedanklich einen eingeräumten Urlaubsanspruch nach dem BUrlG voraussetzt, der nicht in Natur genommen werden konnte) sowie die laufende Zahlung von Zuschüssen zur freiwilligen Krankenversicherung; zu den Hintergründen dafür fehlen Feststellungen. Hinzu kommen hier noch – abweichend vom Fall 4) – Hinweise auf eine Vergütungshöhe, die sich kaum von derjenigen für angestellte Fachkräfte abgehoben haben dürfte. Vor diesem Hintergrund wird (ebenso in Bezug auf ein fehlendes Vergütungsausfallrisiko) festzustellen und zu klären sein, ob überhaupt typische Chancen und Risiken einer Selbstständigkeit bestanden. Darüber hinaus wäre auch hier zu prüfen, ob aus den Umständen ggf. ein die einzelnen familienbezogenen Einsätze übergreifendes Rechtsverhältnis herzuleiten ist. Das sich anschließend ergebende Gesamtbild könnte hier ebenfalls zu einem vom angefochtenen LSG-Urteil abweichenden Ergebnis führen.

Mittwoch, 25. April 2012

selbständige Öffentlichkeitsarbeit

Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit der Frage von Rahmenverträgen auseinander gesetzt und eine im Vergleich zu Sozialgerichten moderatere Lösung präsentiert. Allerdings ist das Urteil vielschichtig und basiert wesentlich auf dem "kommt nicht darauf an"-Fall. Wesentlich sollte die tatsächliche Beurteilung sein, die wesentlich durch befristete Verträge beeinflusst wurde.

Aufschiebende Wirkung

Das LSG Hamburg hat entschieden, dass die aufschiebende Wirkung gegen Statusentscheidungen nur im Falle des Verfahrens nach § 7a SGB IV gilt, nicht aber in Verfahren nach § 7 SGB IV. Der Unterschied soll wohl darin liegen, dass es für Feststellungen der Rentenversicherer keine aufschiebende Wirkung gibt, für "eigene" Verfahren dagegen schon. Einem Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 86 SGG hatte das LSG gleichfalls eine Abfuhtr erteilt. Sollte das Urteil Schule machen, dürften "Anträge auf Aussetzung der Vollziehung" zukünftig schwieriger werden.

Donnerstag, 1. März 2012

Wer ist denn nun der Arbeitgeber?

Nach Scheinselbständigkeit suchen, bedeutet nach Urteilen suchen. Eine verzwickte Sache ergab sich an den Hochschulen in Sachsen. Die Studentenvertreter hatten für ihre Tätigkeit Geld erhalten, fraglich war nun, welcher Träger für die Beiträge zuständig war. Die Hochschulen des Freistaats Sachsen waren es jedenfalls nicht. So jedenfalls das BSG in seiner Entscheidung vom 27.07.2011. 

Montag, 20. Februar 2012

Scheinselbständigkeit: was tun, wenn´s brennt?

Bewahren Sie die Ruhe und alarmieren Sie die Feuerwehr einen Fachanwalt für Sozialrecht.
Warnen Sie auch Angehörige und Mitbewohner, (Mit-)Gesellschafter, Ihren Steuerberater, Ihre Ehefrau, den "Scheinselbständigen".

Schließen Sie Fenster und Türen zum Brandraum, um eine Ausbreitung von
Rauch und Feuer zu verhindern.
Insbesondere bringen Sie nicht noch andere notleidende Subunternehmer auf absurde Idee.

Bringen Sie Hilfebedürftige und sich selbst in Sicherheit. Aber stecken Sie nicht den Kopf in den Sand.

Benützen Sie keine Aufzüge. Vermeiden Sie extremen Aktionismus, geben Sie keine unüberlegten Statements ab, beschimpfen Sie niemanden und lassen Sie den Baseballschläger unter dem Bett liegen. Im Brandfall können diese zur tödlichen Falle
werden.

Warten Sie, bis die Feuerwehr der Anwalt anrückt, zeigen Sie den Feuerwehrleutendem Anwalt sämtliche Zugänge zum Brandherd und händigen ihnen gegebenenfalls
notwendige Schlüssel au
s suchen Sie die entsprechenden Unterlagen heraus. Wichtig sind die letzten Schreiben der Sozialversicherung. Im Zweifelsfall hilft Akteneinsicht. Lieber ein Leitzordner zu viel als ein Blatt "Bescheid" zu wenig.

Den Brand selbst bekämpfen sollten Sie nur dann, wenn Sie sich dabei nicht
selbst in Gefahr begeben.
gar nicht. (ich repariere auch nicht die Bremsen meines Autos nach Anleitungen aus dem Internet) 

Ist das Treppenhaus verqualmt, unbedingt die Wohnungstür geschlossen halten. (Sie haben Ihrem Steuerberater aufgetragen, eine zweiundzwanzigseitige Erklärung abzugeben? Warum? Wer hat Ihnen das Schlamassel eingebrockt?)

wenn der Staat gegen den Staat klagt

Es kommt vermehrt vor, dass auch Behörden und Körperschaften mit Honorarkräften zu Dornen in den Augen der Rentenversicherer werden. Einen Fall zu Dienstleistern, die tatsächlich selbständig tätig sind hat das LSG Berlin-Brandenburg (Az.: L 1 KR 206/09) im letzten Jahr entschieden. 

Die vom Bundesrat seit Jahrzehnten angewandte Praxis, mit der Führung von Besuchergruppen überwiegend Honorarkräfte auf selbstständiger, nicht sozialversicherungspflichtiger Basis zu betrauen ist danach rechtmäßig. Diese sind keine Arbeitnehmer des Bundesrats. Es gebe eine ganze Reihe von Tätigkeiten, die sowohl von einem (sozialversicherungspflichtigen) Arbeitnehmer als auch auf (nicht sozialversicherungspflichtiger) selbststständiger Basis ausgeübt werden können, so das LSG. Als Beispiele nannte es Lehrkräfte und Dozenten, Rechtsanwälte, Schauspieler, Fremden- und Museumsführer. Auch die Führungen durch den Bundesrat zählten hierzu. Es sei grundsätzlich rechtlich beanstandungsfrei, den Einsatz von Honorarkräften im Rahmen des Besucherdienstes des Bundesrats als freiberufliche und selbstständige Tätigkeit auszugestalten. 

Die im Bundesrat tätigen Führer hätten das Gericht davon überzeugt, einen großen Freiraum zu haben, dessen Ausgestaltung vom Bundesrat auch nicht überwacht werde. Im maßgeblichen Kern ihrer Tätigkeit seien die Honorarkräfte deshalb weisungsunabhängig, auch wenn der äußere Rahmen der Führungen (Ort, Zeit, regelmäßige Dauer, Stationen innerhalb des Gebäudes und Pflichtinformationen) vorbestimmt sei. Diese Freiheit gebe den Ausschlag, obgleich es durchaus auch gewichtige Indizien für eine abhängige Beschäftigung gebe.

Mittwoch, 8. Februar 2012

wer muss was beweisen?

Zur Frage, wie die Dinge laufen können, wenn unklar ist, ob jemand Arbeitnehmer oder Subunternehmer sein soll, hier eine Entscheidung des LAG Nürnberg.

Freitag, 20. Januar 2012

mehrere Auftraggeber

immer wieder wird die Selbständigkeit eines Subunternehmers durch die Aussage unterstrichen "der hat aber auch andere Auftraggeber", oder neulich "die darf nicht mehr als 70 % für mich arbeiten". Falsch.
Die Frage, ob jemand mehrere Auftraggeber hat oder nicht kann ein Indiz gegen eine Beschäftigung sein. Allerdings ist es nicht Dreh- und Angelpunkt der Beurteilung. Erst recht kein Grund, der eine Beschäftigung per se ausschließt. Ich kann auch als selbständiger Anwalt nebenher Burger braten und bin dabei in die Burgerbraterei eingegliedert und dort beschäftigt. Obwohl ich jedes Jahr mehrere hundert Auftraggeber habe. 
Ich kann auch als Angestellter morgens im Pflegeheim die Frühschicht übernehmen, dann in der Schulkantine die Tabletts abräumen und abends in der Kneipe Gläser spülen (das Arbeitszeitgesetz vergessen wir)
Die Anzahl der Auftraggeber ist entscheidend für die Rentenversicherungspflicht eines Selbständigen nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI. Diese Rentenversicherungspflicht setzt aber zunächst eine Selbständigkeit voraus. Daher kann die Anzahl der Auftraggeber ein Indiz sein, muss aber nicht.

Mittwoch, 18. Januar 2012

Familienhelfer

Die Rentenversicherung machte im vergangenen Jahr offensichtlich Jagd auf Familienhelfer. Familienhelfer sind sozialpädagogische Dienstleister und werden für Komunen und Sozialversicherungen als selbständige Honorarkräfte tätig.
Entgegen der tatsächlichen Rechtsprechung wird dabei nebulös auf angebliche Entscheidungen der Instanzgerichte verwiesen. Diese sollen entscheiden, dass es sich dabei um Beschäftigte handelt. Dem ist allerdings definitiv nicht so, es handelt sich eher um Wunschdenken.
Dazu z.B. das bayerische LSG.

Dienstag, 10. Januar 2012

Arbeitgeber geringfügig und schwarz Beschäftigter

Die Entscheidung des bayerischen LSG vom 13.01.2009 beschäftigt sich mit der Frage, ob Arbeitgebern das Handeln des Geschäftsführers zuzurechnen ist und wie mit angeblich gleichzeitiger Tätigkeit im Ausland umgegangen wird.

wesentlich:

Arbeitgeber ist nach der Definition in der Rechtsprechung derjenige, der einen anderen beschäftigt, zu dem der Beschäftigte also in persönlicher Abhängigkeit steht (vgl. § 7 SGB IV). Die Arbeitgebereigenschaft ist gekennzeichnet durch die Tragung des Unternehmerrisikos und der Lohn- und Gehaltszahlungspflicht. Es ist auch vom Kläger nicht bestritten worden, dass er Betriebsinhaber des Restaurants C. in der fraglichen Zeit war und dieses Lokal auf seine Rechnung geführt wurde. Er war daher Unternehmer und somit Arbeitgeber.
Dies gilt umso mehr, als nach seinem eigenen Vortrag die Beigeladene zu 4) mit seinem Wissen zumindest als geringfügig Beschäftigte eingestellt wurde, er für sie eine Arbeitserlaubnis beantragt , einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hatte und somit ihr gegenüber sowie nach außen als Arbeitgeber aufgetreten ist.
An seiner Arbeitgebereigenschaft ändert sich auch nichts durch die tatsächlich umfangreichere Beschäftigung von der Beigeladenen zu 4). Diese ist für den Betrieb des Klägers tätig geworden und wurde tatsächlich, wenn auch in nicht ausreichendem Umfange, von ihm entlohnt. Daher kann es nicht darauf ankommen, dass der Kläger behauptet, von dem Umfang des Beschäftigungsverhältnisses nichts gewusst zu haben. Der Kläger hat überdies seinen Bruder mit der Geschäftsführung beauftragt, so dass dieser als Erfüllungsgehilfe an seiner Stelle tätig wurde und ihn mit seinen Handlungen auch rechtlich verpflichten konnte. Die Handlungen seines Geschäftsführers muss er sich nach § 278 BGB zurechnen lassen.
Das Beschäftigungsverhältnis der Beigeladenen zu 4) ist tatsächlich durch die geleistete Arbeitszeit in mehr als geringfügigem Umfang zu Stande gekommen. Die Pflicht aus diesem Beschäftigungsverhältnis entsprechend dem Arbeitentgelt Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu leisten ist, unabhängig vom Willen der Beteiligten, mit Arbeitsaufnahme, kraft Gesetzes, entstanden und führt somit auch zur Verpflichtung des Klägers als Arbeitgeber die Beiträge zu bezahlen.
Soweit sein Geschäftsführer im Innenverhältnis gegen seine Anweisung - was weder vorgetragen noch bewiesen ist - oder in Überschreitung seiner Kompetenzen gehandelt hätte würde dies nicht die Verpflichtung des Klägers nach außen berühren, sondern führte lediglich im Innenverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Bruder zu möglichen Schadenersatzansprüchen (vergleiche Seewald Kassler-Kommentar § 28e SGB V Rn. 15.) Im Verhältnis zur Sozialversicherung ist dies jedenfalls insoweit unbeachtlich, als der Arbeitgeber nach § 28e Abs. 1 S. 1 SGB IV für die Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge gegenüber den Versicherungsträgern haftet.
Soweit die Sozialversicherungsbeiträge zum Beispiel nach den §§ 249, bis 251 SGB V vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen Teilen zu tragen sind, kann dies nach
§ 28 g SGB IV vom Arbeitgeber nur durch den Abzug vom Arbeitentgelt geltend gemacht werden, auch dies eine Vorschrift, die nur das Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer betrifft. Der Kläger hat somit den Gesamtsozialversicherungsbeitrag einschließlich des Arbeitnehmeranteils zu tragen.

Sonntag, 8. Januar 2012

Gastspiel - eher ungewöhnlich

beim Surfen nach Entscheidungen findet sich auch eine Entscheidung des bayerischen LSG vom 25. Juni 2010, wobei der Sachverhalt geradezu abenteuerlich anmutet. In den Gastspielverträgen war die Abführung von Steuern und Sozialversdicherungspflicht vereinbart. Abgestellt wurde zudem auf den Kriterienkatalog der Rentenversicherung zur Abgrenzung beschäftigter und selbständiger Künstler. Die Frage ob solo oder nicht spielte schon in erster Instanz eine Rolle. Für die 2. Instanz kam es wesentlich auf folgendes an:

Die Beigeladenen zu 3), 4), 5) und 6) waren bei der Klägerin als gastspielverpflichtete Künstler tätig. Für die vertraglich geschuldeten Spielzeiten leistete die Klägerin die geschuldete Gage und führte - wie vertraglich vereinbart - für die Künstler Sozialversicherungsbeiträge und Steuern ab.
Entgegen der Feststellungen des Sozialgerichts waren nach Auffassung des erkennenden Senats die Beigeladenen zu 3), 4), 5) und 6) gleichermaßen als gastspielverpflichtete Künstler in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Zutreffend hat das Sozialgericht Bayreuth ausgeführt, dass die Grundsätze zur Beurteilung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nach § 7 Abs. 1 SGB IV auf Künstler anzuwenden sind. Diese können sowohl abhängig beschäftigt als auch selbständig tätig sein. Der von den Spitzenverbänden der Sozialversicherungsträger erarbeitete Abgrenzungskatalog für die Unterscheidung einer selbständigen von einer freiberuflichen Tätigkeit von Künstlern beinhaltet wichtige Aspekte, die bei der Einzelfallentscheidung durchaus in Erwägung zu ziehen sind, jedoch sind die Gerichte hieran nicht gebunden. Unter Zugrundelegung der von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien liegen hier bei den Beigeladenen zu 3), 4), 5) und 6) abhängige Beschäftigungsverhältnisse vor. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Tarifvertrag NV-Bühne AT auf die Beigeladenen zu 3) bis 6) anzuwenden ist.
Im vorliegenden Fall sind die Beteiligten übereinstimmend davon ausgegangen, dass es sich bei dem Beschäftigungsverhältnis um eine abhängige Beschäftigung handelt. Dementsprechend wurden auch Sozialversicherungsbeiträge für die Künstler abgeführt. Die Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse war offensichtlich von den Beteiligten als ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis geplant, wie es sich auch aus den jeweiligen Gastspielverträgen ergibt. Auch die tatsächliche Ausführung der Gastspielverträge spricht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Alle beigeladenen Künstler waren nach den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen gleichermaßen verpflichtet, ihre Arbeitsleistung entsprechend den Vorgaben der Klägerin zu erbringen, sowohl hinsichtlich Zeit und Ort, als auch hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der künstlerischen Darbietung. Sie mussten sich auch außerhalb der konkret vorher vereinbarten Proben und Aufführungstermine für eventuelle Änderungen verfügbar halten. Letztlich ist auch nicht erkennbar, inwieweit die Beigeladenen zu 3), 4), 5) und 6) in irgendeiner Weise die konkrete Vertragsgestaltung und die Rahmenbedingungen der Leistungserfüllung hätten mit bestimmen können. Dies alles wurde von der Klägerin vorgegeben. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sind auch die Lebensläufe der Beigeladenen zu 3) und 4) nicht geeignet, eine selbständige Tätigkeit im Rahmen der Gastspielverpflichtung zu begründen. Der Wunsch nach nur vorübergehenden Engagements an verschiedenen Bühnen spricht allein noch nicht gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Insoweit war das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth aufzuheben.

Mittwoch, 4. Januar 2012

Franchisenehmer

Selbständige mit einem Auftraggeber sind rentenversicherungspflichtig, sofern sie keine eigenen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen.
Das bayerische LSG hat in seiner Entscheidung vom 17.10.2006 zu der Frage Stellung genommen, ob Franchisenehmer per se nur einen Auftraggeber (den Franchisegeber) haben oder ob sie für eine Vielzahl von Auftragnehmern tätig sind.

Das LSG hat dabei in dem Franchisegeber gerade nicht den Auftraggeber gesehen:
Der Begriff des Auftraggebers ist im Sozialversicherungsrecht gesetzlich nicht definiert, es ist auch nicht ersichtlich, dass das Gesetz auf eine sonstige gesetzliche Definition habe zurückgreifen wollen. Zwar hatte der Gesetzgeber bei der Regelung der Versicherungspflicht der arbeitnehmerähnlichen Selbständigen eine solche Definition aufstellen wollen. Danach sollte bei einer Neuregelung des Begriffs der nichtselbständigen Tätigkeit in § 7 SGB IV Auftraggeber jede natürliche oder juristische Person oder Personengesamtheit sein, die im Wege eines Auftrags oder in sonstiger Weise eine andere Person mit einer Tätigkeit betraut, sie ihr vermittelt oder ihr Vermarktung oder Verkauf von Produkten nach einem bestimmten Organisations- und Marketingkonzept überlässt (BT-Drs. 13/8942 S.4; s. auch Klattenhoff in Hauck-Haines, SGB VI § 2 Rdnr.41i). Diese Definition galt jedoch zum einen der Arbeitgebereigenschaft und wurde zum anderen nicht Gesetz. Die Regelung des Auftragsverhältnisses in § 662 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) trifft ersichtlich nicht auf die Geschäftstätigkeit des Klägers zu.

Es ist deshalb auf den allgemeinen Wortsinn, bezogen auf die konkrete Geschäftstätigkeit des Klägers zurückzugreifen. Hierbei sind als mögliche Auftraggeber sowohl der Franchise-Geber als auch die Kunden des Klägers in Betracht zu ziehen. Nachdem die Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr.9 SGB VI u.a. erfordert, dass die selbständige Tätigkeit im Wesentlichen nur für den einen Auftraggeber ausgeübt wird, bedarf es keiner weiteren Ausführungen über das Verhältnis zum Franchise-Geber, wenn sich ergibt, dass es sich bei den Kunden des Klägers um Auftraggeber handelt und der Kläger nicht nur unwesentlich für sie tätig ist. Dies trifft zu.

Nach der vertraglichen und mangels anderer Hinweise auch tatsächlichen Gestaltung der Geschäftstätigkeit des Klägers schließt dieser mit einer Vielzahl von Kunden im eigenen Namen und nicht im Namen und auf Rechnung des Franchise-Gebers Verträge über Waren und Dienstleistungen ab. Dies gilt ausdrücklich auch im Innenverhältnis zwischen dem Kläger und dem Franchise-Geber. Die Franchise-Gebühr und die Werbevergütung erreichen zusammen mit 13,5 % keinen Anteil an den Nettoeinnahmen, der die Annahme rechtfertigen würde, der Kläger sei zur Ablieferung seiner Entgelte verpflichtet und es verblieben ihm lediglich Erlösbestandteile, die einer Vergütung durch den Franchise-Geber gleichkämen. In einem solchen Fall läge im Übrigen eher die Annahme einer abhängigen Beschäftigung nahe.

Der Kläger steht damit rechtlich und tatsächlich in eigenständigen Wirtschaftsbeziehungen zu einer Vielzahl von Kunden, von denen sein gewerblicher Erfolg wesentlich abhängig ist (vgl. hierzu BT-Drs. 14/45 S.20; 14/151 S.31).

Die Tätigkeit für die Kunden kann nicht als nur unwesentlich angesehen werden.

Hierfür ist nicht die numerische Gegenüberstellung der als Auftraggeber in Betracht kommenden Rechtspersonen entscheidend, sondern die tatsächliche wirtschaftliche Abhängigkeit (vgl. BT-Drs. 14/45 S.20). Für diese Bewertung kommen der anteilige Umfang der betreffenden Tätigkeit für den Auftraggeber und der Anteil der von diesen bezogenen Entgelte in Betracht (vgl. Klattenhoff, a.a.O., Rdnr.41a; LSG Saarland, Urteil vom 01.12.2005, Az.: L 1 RA 11/04; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.01.2006 Az.: L 1 RA 105/04; Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger NZA 2000, S.190 ff.). Der Kläger ist zeitlich nicht für den Franchise-Geber tätig und bezieht von diesem keine Entgelte. Diese Bezüge bestehen allein zu seinen Kunden.

Da der Kläger demnach wesentlich nicht nur, wenn überhaupt, für seinen Franchise-Geber tätig ist, besteht auch keine Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr.9 SGB VI.