Dienstag, 28. Oktober 2014

wenn zwei sich streiten (?)

dann freut unter Umständen niemand "meine" Familienhelferin bekommt seit 2012 keine Aufträge mehr. Status unklar. Vor allem wegen LSG Berlin-Brandenburg - aktuell die Entscheidungen vom Juli 2014. Ein weiteres Beispiel aus dem Bereich "Feinheiten". Familienhelfer ist nicht gleich Familienhelfer.

Der erste Senat ist bei den selbständigen Familienhelfern auf "ja". 

Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des BSG etwa für die rechtliche Beurteilung von Lehrtätigkeiten anerkannt, dass eine abhängige Beschäftigung nicht bereits deswegen anzunehmen ist, weil dem Dozenten der äußere Ablauf seiner Lehrtätigkeit vorgegeben wird (vgl. BSG Urt v. 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R – juris Rn 29 ). Auch der Zwang, sich inhaltlich an gewissen Vorgaben auszurichten, führt nicht zur Annahme von Weisungsgebundenheit. Tätigkeiten sind nämlich auch dann weisungsfrei, wenn zwar ihre Ziele vorgegeben werden, die Art und Weise der Ausführung aber dem Dienstleister überlassen bleibt. Entsprechend hat der Senat etwa für die Selbständigkeit vom Bundesrat beauftragter Führer des Besucherdienstes entscheidend darauf abgestellt, dass diese als Honorarkräfte im Kernbereich ihrer Tätigkeit frei waren (Urt. v. 15. Juli 2011 – L 1 KR 206/09 – juris Rn 171). Auch für Einzelfallhelfer hat er dieses Kriterium bereits als maßgeblich herangezogen (Urt. v. 17. Januar 2014 – L 1 KR 175/12 – juris Rn 64).

Unter Beachtung dieser Maßstäbe kommt es darauf an, ob der Beigeladene zu 1) im Wesentlichen frei, ohne inhaltliche Vorgaben seitens des Klägers in der Ausgestaltung seiner Tätigkeit war. Dies ist hier der Fall.

Der Beigeladene zu 1) und der Kläger haben bereits im Verwaltungsverfahren übereinstimmend und widerspruchsfrei geschildert, dass der Beigeladene zu 1) nach der Übernahme eines Falles keine Anweisungen des Klägers erhalten hat. Es hat weder Vorgaben hinsichtlich des Ortes oder der Zeit bzw. der Dauer der Tätigkeit noch inhaltliche Vorgaben für ihre Ausgestaltung gegeben. Der Beigeladene zu 1) hat nach Annahme eines Auftrages selbständig die Art und Weise und die inhaltliche Ausgestaltung seiner Betreuung und Förderung des jeweiligen Kindes festgelegt. Entsprechend der konkreten Fehlleistung des Hilfebedürftigen hat er aufgrund seines Fachwissens und seiner Erfahrungen einen Förderplan entwickelt und umgesetzt. Die entsprechende Vorgehensweise hatte er weder mit dem Kläger abzustimmen noch unterlag er insoweit Weisungen in dem Sinne, dass ihm Vorgaben gemacht wurden, wie er auf ein bestimmtes Verhalten der Hilfebedürftigen oder ein bestimmtes Beschwerdebild reagieren soll. Diese Fragen bleiben vielmehr dem Fachwissen des Beigeladenen zu 1) überlassen. Weder der Kläger als freier Träger noch das Bezirksamt haben konkrete Weisungen erteilt. Der von dem zuständigen Sozialamt ausgehende Auftrag bestimmte lediglich die Ziele der Einzelfallhilfe, gab aber deren Inhalte nicht vor. Nur der Beigeladene zu 1) bestimmte die Art und Weise der inhaltlichen Ausgestaltung der Betreuung des jeweiligen Kindes. Er hatte lediglich Entwicklungsberichte für das jeweilige Bezirksamt zu fertigen.
Besonders gut gefällt mir dabei der Satz (ja, so gehört´s):
Demgegenüber fällt nicht entscheidend ins Gewicht, dass der Beigeladene zu 1) kein Unternehmerrisiko trug, weil er angesichts des im Rahmenvertrages vereinbarten Honorars von 21,00 EUR je Stunde nicht das Risiko trug, seine Arbeitskraft einzusetzen ohne davon einen Ertrag zu haben.
Der neunte Senat sieht das alles ein wenig anders, wobei ich in der konkreten Fallkonstellation durchaus denke, dass die Vorgehensweise des Auftraggebers hier auch sehr besonders besonders ist. 
"Frau I G ist durch Vermittlung des Jugendamtes T als Familienhelferin eingesetzt. Der Stundensatz beträgt 26,40 DM brutto/netto zuzüglich 6,6 % Zuschuss zum Krankenkassenbeitrag. Außerdem erhält Frau G ein Urlaubsentgelt nach dem Bundesurlaubsgesetz. Der wöchentlich genehmigte Stundenumfang beinhaltet eine Stunde für Supervision sowie zwei Stunden für Vor- und Nachbereitung. Für jedes Kind, das im Haushalt der Eltern lebt, erhielt Frau G 20,-DM monatlich als Aufwendungsersatz. Bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen werden außerdem 9,6 % Zuschuss zur Rentenversicherung gezahlt."
 Eine Selbständige mit Urlaubsentgelt? Interessant. Vielleicht ist das gar keine unterschiedliche Sichtweise, nur unterschiedliche Fälle. Weiter heißt es sehr deutlich:

Insgesamt beobachtet der Senat hier ein vom Kläger verfolgtes Konzept, das die Vorteile abhängiger Beschäftigung (Weisungsabhängigkeit, Eingliederung, klare Vorgaben zu Lohn- und Sozialleistungen) mit den Vorteilen freier Mitarbeiterschaft (kein Beschäftigungsanspruch, hohe Flexibilität) kombinieren will. Damit korrespondiert auf der Seite der "freien Mitarbeiter" ein doppelter Nachteil, nämlich die fehlende Beschäftigungssicherheit auf der einen und die enge Kontrolle durch das Jugendamt bei klaren inhaltlichen und fachlichen Vorgaben auf der anderen Seite. Im Gesamtbild zeigt sich, dass der Kläger seinen Familienhelfern im fraglichen Zeitraum zwar das Etikett "freier Mitarbeiter" verleihen wollte, hierin aber aufgrund der Abhängigkeit, in die schon die rechtlichen Rahmenbedingungen die "freien Mitarbeiter" führten, ein Etikettenschwindel zu sehen ist.

Es bleibt spannend. Und für alle, die sich schon immer dachten, diese lästigen Probleme mit Status könnte man so eben im Vorübergehen mit einer Checkliste erledigen, viel Glück damit.  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen