Mittwoch, 5. Juni 2013

die Angst des Auftraggebers vor dem Elfmeter

zwischen Scheinselbständigen und deren Auftraggebern besteht eine brüchige Allianz.  Die Interessen sind - klischeemäßig: der Auftraggeber hat einen flexiblen Vertragspartner und spart die lästige Lohnbucherei, der Scheinselbständige kostet die Vorteile des Unternehmertums wie Vorsteuerabzug, günstigere Kfz-Leasing-Konditionen, Absetzen der "Fress-Quittungen", Freiheit von Sozialversicherung und private Krankenversicherung. Kann man alles irgendwie absetzen.

Abgerechnet wird später. Später ist wenn alt, Auftraggeber lustlos, Rentenversicherung fordert Beiträge - das übliche. Dann verändern sich die Interessen. Umsätze sind zugunsten von Porsche und Gastronomie ausgegeben und erst dann merkt man, dass Absetzen und Bezahlt-bekommen nicht ganz das selbe ist. Keine Einnahmen, dafür stramme Beiträge der privaten Krankenversicherung anstelle von 15 % von nix.  

Nichts ist schlimmer als ein Selbständiger im fortgeschrittenen Alter, der nicht vorgesorgt hat. Von Porsche zu Sozialhilfe ist schon doof. Da Not erfinderisch macht, drängt die Suche nach den Schuldigen. Das ist - sobald der Porsche weg ist - der böse Auftraggeber.

Der Scheinselbständige kann dann versuchen, einen Zahler für seine Rente zu finden. "Ich bin ja gar nicht selbständig, bitte holen Sie (Rentenversicherung) meine nicht bezahlten Beiträge von der Herr / die Dame dort drüben." Im Zweifelsfall wird dies zu einer Beitragsforderung von etwa 40 % des Honorarvolumens der vorangegangenen vier Jahre führen. Das ist ein ordentliche Batzen Geld.

Neu in diesen Szenarien sind Drohungen mit § 266a StGB. Damit der Auftraggeber auch noch so richtig die Hosen voll hat. Ich persönlich habe da Schwierigkeiten mit dem Vorsatz und bin gespannt wie sich § 266 a in diesen Fällen entwickelt. 

Jedenfalls sind dies alles Szenarien, in denen etwas Präzision nicht schadet.

Montag, 3. Juni 2013

wer entscheidet für wen?

Wenn die Rentenversicherung über den Status entscheidet, enscheidet sie nicht automatisch über die Berufsgenossenschaft. So entscheid das LSG Baden-Württemberg. Abweichende Entscheidungen sind zulässig, denn für BG ist die Rentenversicherung im Rahmen des § 7a SGB IV nicht zuständig. 

Aus dem Regelungsinhalt des § 7a SGB IV ergibt sich vielmehr, dass der Unfallversicherungsträger von einer solchen Statusentscheidung inhaltlich nicht betroffen wird. Denn mit dieser Regelung wird die Deutsche Rentenversicherung Bund gerade nicht ermächtigt, für alle Bereiche des Sozialgesetzbuches eine verbindliche Entscheidung über das (Nicht)Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu treffen (BSG, Urteil vom 11.03.2009, B 12 R 11/07 R in SozR 4-2400 § 7a Nr. 2). Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat vielmehr im Rahmen des § 7a SGB IV - an Stelle der sonst für die Sicherstellung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages zuständigen Versicherungsträger (Einzugsstellen, § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV, und Träger der Rentenversicherung, § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV) - ausschließlich über die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung zu entscheiden (BSG, a.a.O.). Denn nur auf diese Versicherungszweige erstreckt sich der Gesamtsozialversicherungsbeitrag (vgl. § 28d SGB IV). Damit beschränkt sich auch die Entscheidungsbefugnis der Deutschen Rentenversicherung Bund im Rahmen des § 7a SGB IV auf diese Versicherungszweige und erstreckt sich somit nicht auf die gesetzliche Unfallversicherung. Die vom Sozialgericht für seine Auffassung (Bindungswirkung der Statusentscheidung nur, falls vor der Entscheidung des Unfallversicherungsträgers ergangen) zitierte Auffassung des Verwaltungsausschusses des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften vom 22.05.2000 (HVBG-INFO 2000, 1523: Bindungswirkung einer Statusentscheidung bejaht) berücksichtigt die (beschränkte) Reichweite des § 7a SGB IV nicht und enthält auch keinerlei Begründung. Dabei kommt vorliegend dem Umstand, dass die Deutsche Rentenversicherung Bund im Bescheid vom 07.05.2010 entgegen diesen gesetzlichen Vorgaben eine selbstständige Tätigkeit des Klägers feststellte, keine Bedeutung zu. Denn auch dies ändert an der strukturellen Reichweite dieser Entscheidung - nur in Bezug auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag - nichts.

der selbständige Arzt im Krankenhaus

selbständige Springer im Krankenhaus? 

Nach Ansicht des LSG Baden-Württemberg vom April 2013 geht das nicht. Jedenfalls nicht so. Das LSG setzt sich umfangreich mit den Regelungen des SGB V und dem Berufsbild auseinander. Das vermeidet die Auseinandersetzung mit dem Tatsächlichen und ist auf andere Berufsbilder nicht übertragbar:

Das zugelassene Krankenhaus ist nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung der Versicherten verpflichtet. Bei der Krankenhausbehandlung stehen Leistungen im Vordergrund, die in bestimmten Fällen für die Gewährleistung der Volksgesundheit unerlässlich, jedoch vom niedergelassenen Arzt im Regelfall nicht zu erbringen sind, weil sie - wie insbesondere die stationäre Versorgung der Patienten und/oder das interdisziplinäre Zusammenwirken unterschiedlicher Fachrichtungen bei Diagnose und Behandlung - die Möglichkeiten eines niedergelassenen Arztes regelmäßig überschreiten (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.1993 - I ZR 281/91 -, m.N. veröffentlicht in Juris). Die Krankenhausbehandlung umfasst gemäß § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung. Diese erfolgt in der Regel durch angestellte oder beamtete Ärzte des Krankenhauses. Der angestellte Arzt in Krankenhäusern (bzw. Kliniken) oder Sanatorien hat sich traditionell als zweite Berufsausübungsform neben dem Beruf des niedergelassenen Arztes (vgl. unten) entwickelt. Er ist ein in Rechtstradition und allgemeiner gesellschaftlicher Anschauung durch eine hierarchische Struktur geprägter, typischer ärztlicher Beruf (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.1993 - I ZR 281/91 -, m.N. veröffentlicht in Juris). Die hierarchische Struktur ist nicht nur traditionell gewachsen, sondern ist auch im Interesse der Volksgesundheit bedeutsam, wobei ein hohes Maß ärztlicher Eigenverantwortung auf Grund der Leitung durch einen ärztlichen Direktor, der fachlich vom Betreiber unabhängig ist, gewährleistet wird (vgl. auch BGH, Urteil vom 25.11.1993 - I ZR 281/91 -, m.N. veröffentlicht in Juris). Dieser ärztliche Leitungsvorbehalt (§ 107 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) ist maßgeblich für die Organisation und Weisungsstruktur des Krankenhauses. Die Organisation der gesamten Betriebsabläufe in fachlich-medizinischer Hinsicht sowie die im Krankenhaus erbrachten Leistungen müssen ärztlich gesteuert werden (vgl. BSG, Urteil vom 22.04.2009 - B 3 P 14/07 R - unter Hinweis auf Wahl in: jurisPK-SGB V, § 107 Rn. 22 und 27). Dies schließt die ständige ärztliche Verantwortung eines im Krankenhaus tätigen Arztes für jede einzelne Behandlung ein, die nach einem ärztlichen Behandlungsplan durchgeführt werden muss (Wahl in: jurisPK-SGB V, § 107 Rn. 22 und 27). Hierfür ist in personeller Hinsicht eine ausreichende Ausstattung mit jederzeit verfügbarem ärztlichem - und weiterem - Personal (§ 107 Abs. 1 Nr. 3 SGB V) erforderlich. Wenn der Gesetzgeber davon ausgeht, dass diese Vorgabe, jederzeit verfügbares ärztliches Personal vorzuhalten, statusneutral ist (BT-Drucks. 17/9992, S. 26 Zu Nummer 3 Buchstabe a (§ 2 KHEntgG); vgl. unten), überzeugt diese Annahme nicht, da die jederzeitige Verfügung über die Arbeitskraft von Mitarbeitern, hier von Ärzten, nur im Rahmen von Beschäftigungsverhältnissen denkbar ist. Denn für den selbständig Tätigen ist es gerade kennzeichnend, dass er selbst über seine Arbeitskraft verfügt und damit für einen bestimmten Auftraggeber nicht jederzeit verfügbar ist. Ebenso ergibt sich aus der erforderlichen Organisation der arbeitsteiligen Aufgabenwahrnehmung die Notwendigkeit der Einhaltung von Dienstplänen und der Abstimmung von Arbeitsabläufen sowie aus der dargestellten ärztlichen Verantwortungsstruktur die Einbindung in einen Behandlungsplan und das fachliche Weisungsrecht des Chefarztes (vgl. hierzu Biermann, Landauer, Mertens, Sorgatz, "Outsourcing" oder "sola dosis facit venenum", in: Entschließungen, Empfehlungen, Vereinbarungen der DGAI, Stand 19.07.2011, S. 95, 98 f. sowie das Positionspapier der DKG "Selbständigkeit vs. Arbeitnehmerstellung bei Kooperation zwischen Krankenhäusern und Ärzten - Stand 26.05.2011, S. 1, 15ff.; kritisch hierzu die Stellungnahme des Bundesverbands der Honorarärzte www.bv-honoraraerzte.de/live/bv-honoraraerzte/content/e3208/e3274/e3468/Stellungn RS DKG.pdf), dass die ärztliche Versorgung im Krankenhaus durch angestellte Ärzte erfolgen muss, da nur diese verbindlich in die Organisations- und Weisungsstruktur des Krankenhauses eingebunden werden können. Der sich hieraus ergebende Regelfall, dass Krankenhäuser mit angestelltem oder beamteten Personal arbeiten, entspricht zudem auch dem Ziel der Qualitätssicherung; denn bei eigenem Personal kann am ehesten davon ausgegangen werden, dass dieses nach dem Maßstab höchstmöglicher Qualifikation ausgewählt, angeleitet und überwacht wird. Auch der Gesichtspunkt der Transparenz der Leistungserbringung aus der Perspektive des Patienten spricht für diese Sicht (BSG, Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R -, veröffentlicht in Juris).

selbständige Lehrerin

als Berater fragt man sich ja oft: wie beraten? und das dann bitte auch mit sicher. 

In Vorbereitung eines Verfahrens zum Thema Tontechniker - ein gewonnenes Verfahren, ein Anerkenntnis, nur Hartnäckigkeit, surfe ich wieder und finde: die selbständige Lehrerin. Hier in der Ausprägung erst schön selbständig und am Ende lieber doch versichert werden. Kennt man - vor allem wegen der Rentenversicherungspflicht bei selbständigen Lehrern. Selber zahlen ist doofer als zahlen lassen. 

In derartigen Konstellationen kann man wetten und viel Geld verlieren. Schlagwort: Unternehmerrisiko. Da kann jeder Richter munter schreiben und schwups ist es weg. Das Risiko. Oder die Chancen. Oder eben wie das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen im März 2013:

Die vorstehend aufgezeigten für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Umstände überwiegen im Rahmen der gebotenen Gesamtbewertung. Letztlich zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass die Überbürdung des Risikos, bei krankheits- oder urlaubsbedingten Ausfällen kein Honorar zu erhalten, wie es auch vorliegend mündlich vereinbart worden ist, nach der Rechtsprechung des BSG nur dann für Selbständigkeit spricht, wenn dem auch eine größere Unabhängigkeit oder höhere Verdienstchance gegenübersteht. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbständigkeit (vgl. – bezogen auf eine verwaltungsberatende Tätigkeit – BSG, U.v. 25. Januar 2001 - B 12 KR 17/00 R - SozVers 2001, 329; vgl. aber auch BSG, U.v. 12. Februar 2004, aaO: Das LSG hat es zutreffend als Indiz für selbständige Tätigkeit und gegen das Vorliegen abhängiger Beschäftigung angesehen, dass die Klägerin nur für die tatsächlich geleisteten Unterrichtsstunden bezahlt wird, sie ausgefallene Unterrichtsstunden nachholen muss und sie ein zusätzliches Honorar für die Teilnahme an Konferenzen erhält.). Da damit im vorliegenden Fall angesichts des fest vereinbarten Unterrichtsstundenhonorars keine höheren Verdienstchancen verbunden waren, beinhaltete die Überbürdung des genannten Risikos auf die Klägerin keinen für ihre Selbständigkeit sprechenden Umstand, er war andererseits aber auch nicht geeignet, die vorstehend erläuterten für ihre Selbständigkeit sprechenden und in der Gesamtbewertung überwiegenden Gesichtspunkte zu entkräften.

Verstanden? Nein? Ganz einfach: viele Gründe sprechen dafür. Ein wesentlicher Punkt dagegen. Der ist zwar wesentlich, aber auch wieder nicht so wesentlich. Aber es ist schön, dass dies in der Entscheidung diskutiert wurde.

Es gibt fliegende Fische, die im wesentlichen Fische sind, weil die fischige Eigenschaft überwiegt - z.B. Würmer essen, nass sein. Vögel können auch fliegen. Zum Beispiel Amseln. Die Eigenschaft fliegen zu können überwiegt allerdings nicht so stark, dass daraus automatisch geschlossen werden kann, dass Amseln keine Fische sind. Vielleicht habe ich mich jetzt logisch verflogen. 

Montag, 29. April 2013

die selbständige Sekretärin des Fraktionsvorsitzenden

Interessante Dinge geschehen im Bundestag und im bayerischen Landtag. Sekretärinnen und Hilfskräfte, verwandt und verschwägert. Legal, illegal...

Interessant und kreativ die Gestaltung bei Sch.: die Ehefrau als Werkvertragsunternehmerin. Unternehmerin, die rund um die Uhr für den Chef gearbeitet hat. Mit Mehrwertsteuer. Warum sollte man sich den Vorsteuerabzug entgehen lassen? (muss man sich fragen - wer den kleinen Finger nimmt, sollte ordentlich zupacken) 

Nun kommt es zur Anzeige wegen "Sozialversicherungsbetrugs". Es ist auch Wahlkampf. Nur frage ich mich, wer die Anzeige gemacht hat: jemand aus dem Oppositionslager oder die eigene Partei um die Entsorgung voran zu treiben. Man weiß ja nie.

Sozialversicherungsbetrug soll wohl bedeuten, dass Beiträge nicht bezahlt wurden, die man hätte bezahlen müssen, wenn die Beiträge zu zahlen gewesen wären. Erste Einschätzung: schwierig. Weniger, weil ich es nett finde, dass Frau Sch bis zu 5500 von meinen Steuern bekommt. Ob nun einen oder mehrere Auftraggeber dürfte bei der persönlichen Sekretärin keine Rolle spielen. Aber Familienmitglieder sind tendenziell keine Arbeitnehmer, da man wegen der familiären Bindung davon ausgeht, dass sie keinem arbeitnehmerähnlichen Weisungsrecht unterstehen. 

Frau Sch. hat vermutlich weder Dienstantritt noch Urlaub minutiös nachweisen müssen. Wenn kein Arbeitnehmer, dann auch keine Beiträge, dann auch kein Betrug. Nun könnte man noch überlegen, wie es mit dem Arbeitszeitgesetz steht und ob überhaupt. Das ist aber eine ganz andere Geschichte.

Montag, 11. März 2013

selbständige Telefonvermittler

auch Telefonvermittler können selbständig sein. Sage ich mal. Zumindest in irgendeiner Konstellation. 

Man erfährt ja leider nicht alles, was sich bei der Justiz so abspielt, wenn die Rentenversicherung anerkennt. Öffentlich wird es nur, wenn man sich dann über den Streitwert zickt. Nein, das ist mal ausnahmsweise kein Arbeitsrecht. 

Und erzählen Sie die Geschichte nicht unbedingt weiter. Normalerweise wird ja auf 5000, 16000 oder 18000 festgesetzt.

Dienstag, 26. Februar 2013

vollstreckte Beiträge

Eine der unangenehmen Teile der Scheinselbständigkeit sind Beiträge. 

Nehmen wir an, der Subunternehmer bekam pro Jahr 30.000 €, das ganze ging über acht Jahre so. Vier Jahre zurück sind nicht verjährt, über den Stichtag Jahresende wird es etwas mehr. Schön, das ganze. 

Rechnung über den Daumen: 120.000 € Zahlungen, davon 40 %. Macht 36.000 €. Sie haben noch drei weitere? Jetzt wird es teuer. Und sofort. Beiträge sind sofort fällig, Ratenzahlung wird selten akzeptiert, dann hilft nur noch der Antrag auf Aussetzung der Vollzieheung, notfalls Widerspruch und ein Antrag beim Sozialgericht. 

Plan B wäre einfach pleite gehen, das wollen Sie auch nicht. 

Noch mal zurück zu den 36.000 € plus oder etwas weniger oder das dreifache. Anwalt lohnt sich. Rendite gibt es immer. Oder wenigstens Aufschub. Oder keine Säumniszuschläge. 

Mittwoch, 20. Februar 2013

Geschäftsführer einer Rechtsanwaltskammer Beschäftigter

so sagt das LSG Thüringen: 

Hinter diesen gewichtigen Argumenten für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung tritt zurück, dass der Beigeladene zu 2. hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Art und Ausführung seiner Tätigkeit keinen Weisungen unterlag. Denn diese Freiheiten sind bei Diensten höherer Art üblich (vergleiche BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 - Az.: B 12 KR 10/01 R, zitiert nach Juris). Vergleichbares gilt auch soweit der Beigeladene zu 2. eingeräumt hat, dass keiner seine Urlaubstage gezählt hat und es insbesondere eine förmliche Bewilligung des Urlaubes nicht gab. Gegen eine versicherungspflichtige Beschäftigung kann auch nicht angeführt werden, dass der Beigeladene zu 2. berechtigt war, trotz seiner Tätigkeit als Geschäftsführer weiterhin als Rechtsanwalt freiberuflich tätig zu sein.
Was mich an der Entscheidung überrascht, ist die Idee, überhaupt einen selbständigen Geschäftsführer zu haben. Das dürfte doch ein Vollzeit-Job sein und keine Nebentätigkeit. Ist der Geschäftsführer maßgeblich als Gesellschafter an der RAK beteiligt? Wohl eher nicht. Woher kommt dann die Selbständigkeit. Es wurde diskutiert (nach meinem Kenntnisstand gibt es auch in Thüringen Fachanwälte für Sozialrecht, aber gewöhnlich haben die keine große Lobby)

Für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses spricht vor allem das Fehlen des für einen Selbständigen typischen Unternehmerrisikos in der Person des Beigeladenen zu 2. Maßgebliches Kriterium hiefür ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 2001 - Az.: B 12 KR 17/00 R, zitiert nach Juris). Aufgrund der vereinbarten Zahlung eines monatlich gleichbleibenden Betrages ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Situation der Rechtsanwaltskammer, hatte der Beigeladene zu 2. kein eigenes Unternehmerrisiko zu tragen. Wesentlich für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung ist ferner, dass der Beigeladene zu 2. bei einem Kernbereich seiner Tätigkeit, nämlich der Überprüfung der zugelassenen Rechtsanwälte bis hin zur Entziehung von Zulassungen beziehungsweise der Entscheidung über Anträge auf Neuzulassung, nur Entscheidungsvorschläge machte und die Entscheidung im Anschluss von dem zuständigen Organ der Rechtsanwaltskammer, nämlich deren Präsidenten getroffen wurde. Auch bei der Bearbeitung von Beschwerden und Eingaben gegen die Rechtsanwälte bereitete er nur die Entscheidungsvorschläge vor, die Schreiben wurden vom Präsidenten gebilligt und unterzeichnet. In diesem Zusammenhang ist auf § 4 der Geschäftsordnung für den Vorstand der Rechtsanwaltskammer Thüringen hinzuweisen. Nach § 4 Abs. 1 der Geschäftsordnung führt der Präsident der Kammer die laufenden Geschäfte und führt die Beschlüsse des Vorstandes aus. Der Präsident oder sein Stellvertreter sind ermächtigt, nach pflichtgemäßem Ermessen selbständig zu entscheiden oder ein Mitglied des Vorstandes oder den Geschäftsführer mit der Erledigung zu beauftragen. Daher verhielt es sich gerade nicht so, dass der Beigeladene zu 2. seine Tätigkeit als Geschäftsführer völlig frei ausüben konnte. Vielmehr konnte der Präsident der Rechtsanwaltskammer ihm jederzeit Weisungen erteilen. Soweit dieser in einer Stellungnahme vom 14. Mai 2008 geltend gemacht hat, dass bei seinem Amtsantritt im Jahre 2001 der Beigeladene zu 2. seine Tätigkeit völlig frei ausgeübt habe und er zum Beispiel der Meinung gewesen sei, aus eigener Kompetenz entscheiden zu können, ob er bei einem Kongress der DATEV teilnehmen müsse oder nicht, spricht dies nicht gegen das gefundene Ergebnis. Zum einen wird damit nicht in Abrede gestellt, dass ein erheblicher Teil des außenwirksamen Schriftverkehrs, zum Beispiel in Zulassungsangelegenheiten vom Präsidenten der Rechtsanwaltskammer oder seinem Vertreter zu unterzeichnen war. "Unterzeichnen" bedeutet in diesem Zusammenhang ebenfalls Billigung des Inhalts des Schreibens beziehungsweise die Befugnis zur Abänderung. Zum anderen ist entscheidend, dass der Präsident der Rechtsanwaltskammer die Befugnis hatte, derartige Weisungen zu erteilen, wovon er im übrigen auch selbst ausging. Ob solche Weisungen in der Praxis tatsächlich erteilt werden oder nicht, ist für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ohne Belang. Die rechtliche Möglichkeit der Erteilung von Weisungen reicht aus. Diese war nach § 4 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Rechtsanwaltskammer gegeben. Dies steht auch mit dem abgeschlossenen Geschäftsführervertrag aus dem Jahre 1994 beziehungsweise dem Änderungsvertrag vom 24. Oktober 1996 im Einklang. Aus Ziffer 4 des Geschäftsführervertrages ergibt sich, dass die Aufgaben des Geschäftsführers sich unter anderem aus der Geschäftsordnung der Rechtsanwaltskammer Thüringen sowie den Beschlüssen des Vorstandes und seines Präsidiums und den Anweisungen des Präsidenten oder seines Stellvertreters ergeben. Dass diese Regelung wirksam abbedungen worden wäre, ist nicht ersichtlich. Dies wäre bei der Ausübung der Aufsicht über die Rechtsanwälte nach der Bundesrechtsanwaltsordnung auch rechtlich gar nicht möglich. Für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses spricht des Weiteren, dass in dem Geschäftsführervertrag eine Lohnfortzahlung im Falle der Arbeitsunfähigkeit und ein Urlaubsanspruch in Höhe von 20 Werktagen vereinbart wurden.

Statusfeststellungsantrag muss entschieden werden

vermutlich. Die Rentenversicherung hatte anerkannt. Nach einer Feststellung im Rahmen der Betriebsprüfung fühlte man sich nicht mehr, über einen Antrag nach § 7a SGB IV zu entscheiden. Ist doch überflüssig. Ist doch schon entschieden. Irgendwie. 

Und wenn dann das nächste Mal der Prüfdienst "von den anderen" kommt? Dann habe ich keinen Bescheid. Dann entscheiden die noch einmal. Und vielleicht anders. Und für die Vergangenheit.

Das sah dann auch die Rentenversicherung Bund ein. In der Entscheidung geht es um Geld. Streitwert. Der Sachverhalt verrät das Anerkenntnis.

der selbständige Kurierfahrer

gewöhnlich finden sich die Entscheidungen zur Selbständigkeit unter den Aktenzeichen R (für Rente) oder KR (gesetzliche Krankenversicherung). 

Hier eine Entscheidung aus dem Lager AL: der Kläger bekam Existenzgründung und sollte diese zurückzahlen, da er nicht wirklich selbständig gewesen sei. Über 14.000 sollte der gute Mann, der als Kurierfahrer sicherlich nicht in der Steueroasen dieser Welt ansässig werden musste, zurück zahlen. 
Es ist schon abenteuerlich, einem Kurierfahrer-Gründer nach Jahren 14.000 € abzuverlangen weil er selbst (grob fahrlässig) an der Selbständigkeit hätte zweifeln müssen. Hätte doch Hartz IV beziehen können der Mann und Flaschen sammeln - oder? Wäre doch besser gewesen. Für ihn und für den Steuerzahler. (mich würgt es)

Ganz nebenbei: wer sich dieser Tage über die Nummer bei Amazon aufregt, sollte die Stundenlöhne und Stundenumsätze in der Entscheidung durchlesen.Es geht dabei um Apotheken.

Das LSG Baden-Würrtemberg kam hier zu dem Ergebnis, der Fahrer sei selbständig gewesen. Dazu wird unterschieden was die selbständigen und die beschäftigten Kurierfahrer in dem Unternehmen ausmacht: 

Gegen eine selbständige Tätigkeit und für eine abhängige Beschäftigung bei der T. GmbH spricht zunächst die Tatsache, dass der Kläger bereits vor Anmeldung seiner selbständigen Tätigkeit als Kurierfahrer und für Kleintransporte für die T. tätig war. Diese Tätigkeit unterschied sich aber grundlegend von der nachfolgenden Tätigkeit. Zunächst wurden ihm als abhängig Beschäftigten ausschließlich kurzfristige Tagtouren gegeben, die zu einem festen Stundensatz vergütet wurden und die jeweils zu einem bestimmten Empfänger durchzuführen waren. Darüber hinaus war der Kläger als Springer tätig, d.h. er half aus, wenn andere Mitarbeiter nicht fahren konnten. Die Tätigkeit war von vorneherein als geringfügige Beschäftigung konzipiert und sollte nicht darüber hinaus gehen. Die spätere Tätigkeit unterscheidet sich insofern von dieser Tätigkeit als der Kläger vor allem Nachttouren erhielt, auf denen die T. allein selbständige Subunternehmer einsetzte, die sie also gar nicht (mehr) an ihre Angestellten vergab. Diese Tätigkeit wurde zwar auch nach einem festen Stundensatz vergütet, aber nach der Aussage von Frau K. im Erörterungstermin vom 28.11.2012 wurde dieser feste Stundensatz eher lax gehandhabt. Faktisch wurde ein fester Satz für eine bestimmte Tour gewährt. Weiterhin lud der Kläger als geringfügig Beschäftigter die Medikamente nicht selbständig beim Auftraggeber der Firma T. , sondern übernahm diese von einem Dritten auf einem dafür verabredeten Parkplatz, während er sich als Selbständiger unmittelbar zum Depot der Firma P. begab.
Sie mussten das jetzt zweimal lesen? Ich auch. Unterschiede sind manchmal sehr fein. Ob sie im Hellen oder bei Dämmerung arbeiten, das kann schon mal ein entscheidender Unterschied zwischen Arbeitnehmer und Unternehmer sein. Sie merken auch sprachlich: UNTERnehmer, ARBEITnehmer - überall ein nehmer (kein geber). Mir gefällt es trotzdem. Nach Ansicht mancher Richter sind in Deutschland grundsätzlich alle Arbeitnehmer, mit Ausnahme derjenigen, die ausnahmsweise erlaubterweise Unternehmer sind. Ob sie das wollen oder nicht.

Wirklich nett sind die Ausführungen zu Weisungen und Fahrzeug des Auftraggebers, wobei sich das LSG Mühe machte und ausnahmsweise phantasievoll zugunsten der Selbständigkeit argumentierte.

Für eine abhängige Beschäftigung spricht weiterhin, dass der Kläger zumindest teilweise den Weisungen der T. GmbH unterlag, denn er musste in einem bestimmten Zeitrahmen die Medikamente bei der Firma P. einladen und diese auch bis zu einem bestimmten Zeitpunkt an den jeweiligen Apotheken abgeliefert haben. Weiterhin fuhr er täglich dieselben Apotheken an, die ihm von der T. GmbH vorgegeben waren. ... Weiterhin spricht für eine abhängige Beschäftigung des Klägers die Nutzung der Fahrzeuge der T. GmbH. Er nutzte insofern Betriebsmittel der T. GmbH und war darauf angewiesen, dass diese ihm die Fahrzeuge zur Verfügung stellte, ihn mit den Papieren und Schlüsseln zu den Fahrzeugen ausstattete und diese auch versicherte. Das spricht für eine gewisse weitere Eingliederung in den Betrieb der T. GmbH,

Zeitliche Vorgaben als solche schließen aber nicht von vorneherein eine selbständige Tätigkeit aus, denn sie sind auch unter Selbständigen durchaus üblich, wenn sie durch Sachzwänge bedingt sind. Das ist vorliegend schon daraus erkennbar, dass die zeitlichen Vorgaben nicht von der Firma T. GmbH selbst gemacht wurden, sondern sich aus den Öffnungszeiten des Depots der Firma P. und den Öffnungszeiten der Apotheken ergaben. Die Reihenfolge der Anfahrten an die Apotheken blieb den Fahrern überlassen, so dass der Kläger insofern über seine Zeit dazwischen frei verfügen konnte und z.B. den Transporter der T. GmbH - nach Absprache - zwischenzeitlich irgendwo abstellen und einen anderen Kurzauftrag mit einem eigenen Fahrzeug hätte erledigen können.
Hier der entscheidende Punkt und die Gewichtung:

Für eine selbständige Tätigkeit spricht auch, dass zwischen dem Kläger und der T. keine Urlaubsregelung getroffen wurde und der Kläger tatsächlich seine Aufträge auch durch Dritte durchführen lassen konnte. Weiterhin spricht für die selbständige Tätigkeit des Klägers, dass er seine Leistung weiteren Auftraggebern anbot, also Eigenwerbung betrieb und dass er seine Tätigkeit als Gewerbe anmeldete und Mehrwertsteuer abführte und in seinen Rechnungen auswies.

Das Gesamtbild der Tätigkeit des Klägers in der Zeit vom 02.08.2004 bis 01.08.2007 stellt sich als typischer Fall einer im Aufbau befindlichen Tätigkeit als selbständiger Kurierfahrer und Kleintransporteur dar, der zunächst einen Auftraggeber hatte und durch beständiges Suchen und Eigenwerbung weitere Aufträge erreichen konnte. Im Ergebnis ist der Kläger als typischer Existenzgründer genau den Weg gegangen, der durch § 421l SGB III gefördert werden sollte.

Immerhin mutig. Die Entscheidung bringt zum Ausdruck, dass man mit Statusfragen umgehen können muss und eine Idee haben sollte. Auf Unterschiede kommt es an. Nicht auf Platitüden.

In der Konstellation hätte ich eher vermutet, dass der Senat das Verfahren über § 45 SGB X tot macht. Das hätte dann auch den Ekel deutlicher zum Ausdruck gebracht.




Freitag, 25. Januar 2013

wieder mal: der Steuerberater als Vertreter

wenn es nicht um die ganz großen Dinge geht, findet man manches eher zufällig, wie dieses hier. Versteckt beim Scannen von sozialgerichtsbarkeit.de nach § 7a SGB IV-Entscheidungen. 

Das LSG NRW (Klägerin war die Steuerberaterin, die Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben hatte) hat entschieden, dass Steuerberater Ihre Mandanten nicht in Statusfeststellungsverfahren vertreten können. 

Für Mandanten bedeutet dies, dass es zu Problemen im Widerspruchs- und Klageverfahren kommen kann. Sozialversicherungsträger weisen mitunter darauf hin, dass mangels rechtmäßiger Vertretung eine negative Entscheidung denkbar ist.

Hier das LSG NRW:

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das RDG anwendbar, da die Klägerin als Bevollmächtigte des Beigeladenen im Statusfeststellungsverfahren eine Rechtsdienstleistung gem. § 2 RDG erbracht hat. Auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils wird auch in diesem Zusammenhang Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend merkt der Senat an, dass schon im Hinblick darauf, ob dieses Verfahren nach § 7a SGB IV durchgeführt werden kann und soll, rechtliche Überlegungen vorgenommen werden müssen. Dies entspricht letztlich auch der Auffassung der Klägerin. Denn sie trägt selbst vor, dass sie haftungsrechtlich nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung zu derartigen Überlegungen und Hinweisen verpflichtet sei. Darüber hinaus regelt § 7a Abs. 4 SGB IV die Anhörung in besonderer Weise. Schon im Anfrageverfahren können sich nach dieser Vorschrift die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung der Beklagten äußern. Gerade in diesem Zusammenhang sind rechtliche Überlegungen und Beurteilungen vorzunehmen, insbesondere dazu, ob die von der Beklagten beabsichtigte Statusentscheidung der materiellen Rechtslage entspricht. Die Ansicht der Klägerin, im Anfrageverfahren seien nur Tatsachen beizubringen und eine rechtliche Prüfung nicht erforderlich, ist somit unzutreffend.

Auch die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG sind nicht erfüllt. Der Senat nimmt an dieser Stelle ebenfalls Bezug auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist anzumerken, dass die Vertretung des Beigeladenen in dessen Statusfeststellungsverfahren im Verhältnis zur Lohnbuchführung für den Auftraggeber/Arbeitgeber des Beigeladenen auch deshalb nicht im Verhältnis von Nebenleistung zur Hauptleistung stehen kann, weil diese Leistungen zwei unterschiedliche Mandatsverhältnisse betreffen, was zudem die Gefahr von Interessenkollisionen birgt (vgl. auch § 6 der Satzung über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe der Steuerberater und der Steuerbevollmächtigten - Berufsordnung (BOStB)).

Eine analoge Anwendung des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGG auf § 7a SGB IV-Verfahren kommt nicht in Betracht (vgl. Ulmer in Hennig, SGG, April 2010, § 73 Rn. 88; (unter Bezugnahme auf) Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, § 73 Rn. 17; a.A. mit nicht nachvollziehbarer, die Voraussetzungen einer Analogie verkennender Begründung SG Kassel, Urteil vom 9.12.2009, S 12 KR 27/09, juris) Die Voraussetzungen einer Analogie liegen schon mangels planwidriger Regelungslücke nicht vor (zu den Voraussetzungen einer Analogie vgl. z. B. BVerfG, Beschluss v. 3.4.1990, 1 BvR 1186/89, BVerfGE 82, 6). Es handelt sich vielmehr um eine bewusste gesetzgeberische Beschränkung auf die Verfahren nach §§ 28h, 28p SGB IV. Zu den zutreffenden Ausführungen des SG, auf die in diesem Zusammenhang ebenfalls gem. § 153 Abs. 2 SGG verwiesen wird, merkt der Senat ergänzend an, dass der Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/3655 S. 95) auf die Verfahren mit beitragsrechtlichem Schwerpunkt abstellen wollte. Dies konnten nur die Verfahren nach §§ 28h, 28p SGB IV sein, nicht jedoch die nach § 7a SGB IV, da in diesen keine Entscheidungen zur Beitragshöhe getroffen werden und somit keine beitragsrechtlichen Fragen mit Bezug zum Steuerrecht auftreten können. Eine etwaige Ausdehnung der Vertretungsbefugnisse von Steuerberatern auf die Verfahren nach § 7a SGB IV bleibt damit allein dem Gesetzgeber vorbehalten.

Mittwoch, 23. Januar 2013

Verfahrensablauf

auch bei der Streitigkeit über den Status sind die wesentlichen Verfahrensschritte Bescheid-Widerspruch-Widerspruchsbescheid-Klage-Urteil-Berufung. anhand eines anderen Beispiels hier dargestellt.

In Statusstreitigkeiten ergeben sich Besonderheiten, hier jene, die mir am offensichtlichsten erscheinen:

Der Antrag auf Statusprüfung, der nicht das Verhältnis zwischen einer Behörde und dem Versicherten, sondern zwischen Personen des Privatrechts regelt. 

Ergebnisse einer Sozialversicherungsprüfung, einer Ermittlung des Zoll, Verstoß gegen Arbeitnehmerüberlassung und ähnlichem.

Häufig wird der Auftraggeber / Arbeitgeber vor dem belastenden Bescheid angehört. Die Anhörung sollte unbedingt genutzt werden, denn der Beiträge, die mit Bescheiden festgesetzt werden, sind sofort fällig, der Widerspruch gegen Beitragsbescheide entfaltet keine aufschiebende Wirkung. (natürlich gibt es dazu noch Möglichkeiten, diese helfen aber realistisch nur noch im Widerspruchsverfahren) Das heißt, die Sozialversicherung muss bedient werden, wie es endgültig aussieht erfährt man erst Jahre später. Es ist also sinnvoll früh anzustezen.

Die Versicherten, also jene Unternehmer, die "scheinselbständig", also Arbeitnehmer sind, bezahlen keine Gerichtskosten. Unternehmer, die gegen Beitragsbescheide klagen, müssen Gerichtskosten auf Basis des Gegenstandswerts zahlen. Für den Status liegen die Gerichtskosten (derzeit) bei 363 €.